Es gibt nett und es gibt nett.

Lieber Peter,
Ich bin dir noch eine Antwort schuldig, wie ich hier gerade sehe. In deinem Kommentar zum Eintrag „Re.“ vom 24.02. fragst du nach dem scheinbar höheren Nettigkeitslevel in Japan.
Eine durchaus komplizierte Angelegenheit, wenn man sich etwas tiefergehend damit beschäftigt.
Um deinen Begriff aufzugreifen: Ich habe den Eindruck, dass das „vordergründige“ Nettigkeitslevel in Japan größer ist. In der Öffentlichkeit negative Gefühle aufkommen zu lassen, ist so undenkbar, dass man in jedem Laden mit für deutsche Verhältnisse übertrieben freundlicher (und lauter!) Stimme begrüßt wird. Wenn man ins Restaurant geht oder es verlässt, ist es nicht selten so, dass die gesamte im Raum anwesende Belegschaft wie Eins das Willkommen ruft. Ich habe auch noch nie gesehen, dass ein japanischer Ladenmitarbeiter einem Kunden wirklich offensichtlich gezeigt hätte, WIE nervig er gerade ist. Was ja in Deutschland durchaus passiert und m.E. in die Kategorie „Verkäufer sind auch nur Menschen“ fällt.
Ich habe als Kundin hier oft den Eindruck, dass es für den Verkäufer eine mittlere Katastrophe ist, wenn er oder sie meinem Wunsch nicht nachkommen kann. Der extrem höfliche Sprachstil tut ein Übriges. Die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter im Elektronikladen in Sapporo für Andreas und mich ca. eine Stunde um die Ohren geschlagen hat, um unsere deutschen Telefone mit der japanischen SIM-Karte zu laufen zu bekommen und sich am Ende der Odysee auch noch bedankt hat dafür, dass er dadurch viel Neues lernen durfte, spricht für einen Servicegedanken, der vom deutschen doch abzuweichen scheint.
Du fragst, „Was können wir in Westfalen besser machen?“. Ich glaube, die Westfalen haben insgesamt gute Anlagen, um diesbezüglich zu Punkten. Denn diese vordergründige Freundlichkeit kann durchaus durch eine gewisse Stoik erklärt werden und für ihr sprichwörtlich ruhiges, stoisches Wesen sind die Westfalen nun einmal doch über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Kann es ins brummelige und kurz abgebundene, ja ins phlegmatische umschlagen, so bietet es meines Erachtens eine gute Grundlage, um das nervige Gegenüber halt nervig sein zu lassen, man bleibt halt trotzdem stoisch freundlich. Soweit die folkloristisch-stereotype Handlungsempfehlung.
Dazu sei aber nun auch noch gesagt: Diese Perfektion mit der die Japaner das betreiben, scheint mir aber ehrlich gesagt doch auch darauf zu beruhen, dass man viel zu große Angst hat, aus dem Rahmen zu fallen und etwas falsch zu machen. Prinzipiell halte ich persönlich Angst aber immer für ein vergleichbar schlechtes Handlungsmotiv. Da ist mir der deutsche Verkäufer, der halt auch mal einen schlechten Tag hat, dann schon lieber. Japanische Kunden sind da aber auch total dran gewöhnt und benehmen sich dann gelegentlich auch ihrerseits aus meiner Sicht ziemlich sauig den Verkäufern gegenüber. Ich kenne es so: Wer gegrüßt wird, grüßt zurück. Egal, obs der Verkäufer, die Bundespräsidentin, der Kollege, die Nachbarin oder der Lehrer ist. Hier in Japan hängt das viel stärker von der hierarchischen Beziehung ab: Unten grüßt nach oben, aber umgekehrt nicht zwingend. Als Deutsche, die das nicht so krass gewohnt ist, finde ich das schade und ich sehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie die Verkäufer teils total beglückt sind, weil ich ihnen lächelnd in die Augen schaue, während ich mich tatsächlich Bedanke. Hierarchische Beziehung hier ganz klar: Der Kunde steht über dem Verkäufer. Als Ausländer bringt man diese Zustände aber sowieso immer mal wieder durcheinander, ob nun bewusst, gewollt, unbemerkt oder peinlich berührt. Allein schon die Tatsache, dass man die höfliche Sprachform, die der Verkäufer einem Kunden gegenüber zu benutzen hat, ja erst nach einige Zeit im Unterricht lernt, führt zu Problemen. Der Verkäufer sagt nämlich Dinge, die man inhaltlich schon längst verstehen würde, wenn er die ganzen höflichen Schnörkel wegließe und die einfach-normale Sprachform benutzt. Man merkt da schnell, welcher Verkäufer schon öfter mit Ausländern zu tun hatte: Einige benutzen sofort die neutrale Form, andere wechseln, nachdem sie merken, dass es nicht funktioniert, wieder andere kommen nicht auf die Idee zu wechseln. Der Mittelweg scheint mir da wie so oft der goldene zu sein: Erfahrene Japanischlerner spüren nämlich durchaus, dass die höfliche Form ihnen gegenüber nicht angewendet wird, was dann eben einer Herabsetzung gleichkommt.
Ich kann an beiden Umgangsformen gute und schlechte Seiten finden. Die Umstellung vom einen aufs andere ist eben krass und man zuckt schonmal zusammen, wenn man außerhalb Japans nicht so freundlich angesprochen wird oder innerhalb Japans um eine kleine Nachfrage ein unnötiger Riesenaufwand betrieben wird.

Vorder- und hintergründig liebe Grüße

Claudia

毛糸

Liebe Mama,

Vor einigen Wochen hast du mir eine E-Mail geschickt, in der es um japanische Wolle ging. Ich habe mich mittlerweile mal ein bisschen schlau gemacht und gewühlt. Zunächst war ich ziemlich enttäuscht. Im Bahnhof Hakata gibt es auf drei Stockwerken ungefähr alles, was das Selbermacherherz begehrt. Ob Lederbearbeitung, Löten oder kleinere Arbeiten rund ums Haus: Es gibt Werkzeug, Material – das volle Programm. Darunter im Übrigen auch deutsche Qualitätsware aus Wuppertal 😀

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Ich dachte mir also: Die haben auch Wolle 😀
Das schlechte Gefühl fing an, als ich eine der Ladenangestellten nach Wolle (毛糸 けいと keeto) fragte und die prompt eine ältere Kollegin fragen musst, weil sie selbst ziemlich ratlos war. Ergebnis: Es gibt Wolle in dem Laden. Ein ganzes Regal:

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Niedlich, oder?
Eine einzige Marke, eine einzige Sorte und die ist auch noch ziemlich dick. Und einzeln abgepackt per 50 Gramm in kleinen Papiertütchen. Was ist denn hier los? Ich war ziemlich fassungslos.
Nachdem ich dann ein bisschen recherchiert habe, habe ich herausgefunden, dass es in Tenjin einen großes Handarbeitskaufhaus geben soll. Hin! Und tatsächlich, wer mit Stoff oder Wolle in größerem Umfang operieren möchte, findet hier sein Glück. Regalweise Wolle in allen möglichen Formen, Farben und Nadelstärken. Stoffe, soweit das Auge reicht. Benötigtes Zubehör gibt es natürlich auch. Hier ein paar Eindrücke:

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Das ist jetzt ein Regal von einer Marke: Noro. Von der Größe gab’s noch ca. 15 andere, auch von anderen Marken. Dünnes Sockengarn habe ich auf Anhieb nicht gefunden, es gab verschiedenste Mischungen von Materialien, von komplettes Polytier bis Seide und Mohair-Mischungen. Die Preise schwankten dementsprechend und lagen für meine Begriffe ähnlich gestreut wie in Deutschland. Ein Import lohnt sich meiner Meinung nach nur, wenn man jetzt irgendeine Farbstellung ganz toll findet; auf Anhieb habe ich nichts gesehen, bei dem ich dachte „Oh Gott, das würde man in Deutschland nie bekommen“. Falls ihr euch jetzt durch den letzten Absatz gequält habt und euch wundert warum ich eine Kurzmarktanalyse zum japanischen Wollmarkt durchgeführt habe, denkt noch mal drüber nach welcher Hauptbeschäftigung meine Mama so nachgeht^^ Dann wisst ihr, wer gefragt hat.

Der Kommentar war ein bisschen lang….

Liebe Mutti (Mutti, nicht Mama – wichtiger Unterschied^^),

Da meine Antwort auf deinen Kommentar unter „Antwort“ etwas lang war, mache ich einen eigenen Post draus 😀 Yay.

Ja, ich vermisse ab und an ein gutes Roggenbrot mit etwas drumrum, das den Namen „Kruste“ verdient. Das hält sich aber alles im Rahmen des erträglichen :]
Zum Thema gemeinsam Essen: Ich habe bereits beschlossen, einen Takoyakigrill entweder mitzubringen oder in Düsseldorf zu kaufen. Das sind diese kleinen Bällchen, für die vor allem Osaka berühmt ist. Dann gibt’s bei mir Takoyakiparty^^
Das mit der Sprache im Alltag ist eine gute Frage. Ich bin zufrieden mit dem wie ich zurecht komme. Ich kann Situationen wie hier am Flughafen gut meistern – also fragen, wo mein Mann gleich ankommt, im Restaurant bestellen etc. Als ich letztes Wochenende nach Tokyo geflogen bin, habe ich mich mit meiner Sitznachbarin, einer älteren Japanerin gut kurz unterhalten können, also wer ich bin, woher ich komme, was und wie lange ich in Fukuoka mache und warum ich nach Tokyo wollte. Und natürlich kann ich hier am Flughafen erkennen was wo ist, da es ja eine begrenzte und festgelegte Anzahl an Möglichkeiten an so einem Flughafen geht – der Kontext ist eng, sodass sich daraus viel erschließen lässt.
Mit meinen Gasteltern habe ich mich schon über viele Sachen zu Hause unterhalten, mein Gastpapa interessiert sich für Geschichte, das wird dann schon schwieriger, ich muss auf englische Wörter ausweichen oder bei ihm Erfragen. Was derzeit das „Herausforderungslevel“ ist, ist angemessen zu sprechen. Das hängt zum einen daran, dass ich die angemessene Sprachebene (informell, neutral, höflich) kennen und anwenden muss, zum anderen aber auch noch dabei bin, herauszufinden, wann ich überhaupt was sagen sollte – Im Laden zum Beispiel reden die Angestellten ziemlich viel mit dir, es gibt gefühlt für jede deiner Bewegungen eine Floskel, die dir entgegen geschmissen wird – „Schön, dass Sie in unserem Laden sind, ehrenwerter Kunde“, „Beehren Sie uns bald wieder“ und ähnliches. In mir ruft das den Impuls hervor, zu antworten, mich zu bedanken etc. Das macht man hier aber schlichtweg nicht. Also: Mund halten, freundlich Lächeln, nicht winken^^
Auch Nachrichten bleiben mir noch zum Großteil verschlossen: Gesprochen geht es zu schnell und mit Verbformen, die ich noch nicht kenne (Auch mein Wortschatz ist ja noch nicht so riesig), gelesen gibt es zu viele Kanji. Das Lesen des Harry Potter ist nach wie vor, herausfordernd. Da kann ich mich nicht halb müde mit ins Bett legen und mal ein paar Seiten lesen, das braucht volle Aufmerksamkeit. Wenn meine Gastfamilie sich untereinander unterhält, ist es mir ebenfalls nicht möglich einfach so dem Gespräch zu folgen. Ich bin darauf angewiesen, dass sich mir mein Gegenüber zuwendet, den Mund leer hat (!!) und gelegentlich auf „einfache“ Wörter ausweicht.
Zusammenfassend kann man vielleicht sagen: Ich kann mehr, als man als Tourist mindestens braucht, aber nicht genug, um am täglichen Leben ohne weiteres teilzunehmen.

Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen :]

Drooogen – Und Lernmaterialien

Liebe Sam,

Dieser Beitrag musste ja irgendwann kommen, das wusstest du, nicht wahr^^
Welcher Beitrag? Der Beitrag über BÜCHER!
Ich hör dich bis Fukuoka quietschen 😀
Seit ich weiß, dass es in dem großen Buchladen im Bahnhof englische Bücher gibt, bin ich ja immer wieder versucht, was zu kaufen. Und da meine Freundin Ariel nun auch wissen wollte, was es dort so gibt, habe ich ihr natürlich gerne und völlig nicht-uneigennützig den Weg gezeigt. Diese Buchhandlung ist GROSS. Das sind mindestens 40 Regale, zweiseitig genutzt, auf beiden Seiten des Mittelganges, jeweils ca. 15 m lang. Das macht *rechnetipp* 2400 Regalmeter^^.
Der Haken an der Sache ist natürlich, dass ich von diesen 2400m höchsten 60m lesen kann…. Außerdem ist mein Budget knapp. Und überhaupt. Also nicht so eine gute Idee… Lass uns lieber wieder geh…OHMEINGOTTHARRYPOTTERAUFJAPANISCH!!!!!

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Aber ich hab den ersten Band gerade erst durchgelesen und überhaupt, mein Budget ist immer noch knapp… Verdammt.
Ha! Ich habe eine fantastische Idee!! Ich werde mit Harry Potter japanisch lernen. Also flugs die zwei Bände (!), die das erste Buch in der japanischen Paperbackausgabe ergeben, genommen und bezahlt. Großes Glückseligkeit 😀
Jaaaa…. Wer sich jetzt noch fragt, warum die Überschrift so ist wie sie ist, befragt bitte meinen Mann, meine beste Freundin oder meine Mama nach der Wirkung von Büchern/Bücherläden auf meine Sinneswahrnehmung.
Im Bild oben links sieht man die Paperbackausgaben – schwarz mit farbigem Aufdruck. Die beiden Bücher vom ersten Band habe ich ja in der Hand, im Regal geht es dann mit Buch 2 (auch 2 Bände) los. Buch 5 mussten sie in ganze vier Bände zerlegen und Buch 7 in 5 Bände… Ich nehme an, dass es weniger was damit zu tun hat, dass die keine dicken Bücher mögen (Daneben nämlich die gebundenen Ausgaben in groß und schwer) sondern eher damit, dass viele Japaner unterwegs lesen. Und da ist der fünfte Band einfach unpraktisch. Auch Japaner sind schließlich bekennende Freunde der Standardisierung.
Nun sitze ich also hier und versuche, aus dem Kapitel „The boy who lived/Der Junge, der überlebte/ 生き残った男の子“ möglichst viele Wörter, Kanji und Grammatiken(?) zu finden, die ich verstehe. Mal schauen, wie lange das dauert^^.

Wenn du noch mehr Dinge hast, die dich interessieren, habe ich mehr Entschuldigungen, um in den Buchladen zu gehen, also immer her damit. Ich versuche auch gerne hilflose Mitarbeiter über das japanische Buchhandelswesen auszuquetschen xD

Schreinbesuch Hakozaki

Lieber 兄,

Du hattest ja neulich mal nach Avispa Fukuoka gefragt. Ein Spiel von denen habe ich zwar immer noch nicht gesehen, aber „begegnet“ bin ich ihnen kurz nach deiner Anfrage doch: Im Hakozaki-Schrein. Das ist mithin der älteste Schrein auf Kyushu oder in Japan oder wasweißich und wie in jedem ordentlichen Schrein können Gläubige dort kleine Holztafeln erstehen, um ihre Wünsche zu notieren. Diese sind ja in der Regel recht mundan und reichen von „Lass mich die große Liebe finden“ bis zu „Ich möchte meinen Führerscheintest bestehen“. Die Holztafeln hängen öffentlich aus, es kann also jeder nachlesen; das ist recht interessant und durchaus nicht unüblich.
Sportvereine machen offensichtlich auch keine Ausnahme in dieser Praxis und bitten am Anfang der Saison standesgemäß um gute Ergebnisse. Das ist dann ETWAS größer als die Standardholztafel und sieht so aus:

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Die anderen „Großen“ haben sich selbstverständlich auch nicht lumpen lassen

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Als wir den Schrein besucht haben, lief auch noch 七五三 (Shichi-go-san = Sieben-fünf-drei) auf Hochtouren. Da besuchen drei- und fünfjährige Mädchen, sowie sieben- und fünfjährige Jungs den Schrein und beten. Alle in Kimonos. Zum knuddeln niedlich. Aus irgendeinem Grund habe ich vergessen, von den kurzen Fotos zu machen… Auch kleine Kinder haben schließlich bereits Persönlichkeitsrechte^^ Dafür habe ich deinem Sohn aber einen zum Geburtsjahr passenden Glückbringer gekauft. Sollte ich jemals vor ihm sitzen, anstarren und sagen „Du bist ein Pferd, du bist ein Pferd, du bist ein Pferd, bei Osiris und bei Isis du bist ein Pferd…“, kann niemand behaupten, ich würde lügen^^

Im Anschluss an den Schreinbesuch dann noch der Einwurf zum Thema Garten, das ja hier im Blog beliebt ist: In unmittelbarer Nachbarschaft zum Schrein gibt es einen kleinen botanischen Garten, in dem man für 100 Yen spazieren und entspannen kann, sowie lauter neue Pflanzen und ihre Namen lernen kann. Neben der Kasse gab es auch einen Tisch, auf dem Blumenzwiebeln zum kostenlosen mitnehmen standen. In einem Anfall von Selbsterkenntnis habe ich darauf verzichtet. Man muss die armen Dinger ja nicht unnötig zu einem elenden Ende verurteilen….

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Standardschulwoche

Liebe zukünftige GenkiJACS-Schülerin,

Mal wieder was zum Thema Schule.
Nachdem ich heute mal wieder einen kleinen Test über die Grammatik der letzten drei Wochen hatte, läuft es in der Schule mitterweile recht ruhig und routiniert ab. Fünf Wochen sind dann doch so langsam mal genug, um das didaktische Konzept, nach dem gearbeitet wird, zu verstehen und den Ablauf ein wenig voraussehen zu können. Die Anzahl der in kurzer Zeit gelernten Wörter und Zeichen in meinem Kopf häuft sich – mittlerweile mache ich mir eher Gedanken darum, wie ich das alles in mein Langzeitgedächtnis bekomme.
Durch die Routine den Vormittag über bleibt natürlich mehr Zeit am Nachmittag, um Dinge zu tun. Vorzugsweise mit meinen lieben Mitschülern, gerne mit leckerem Essen involviert. Damit ihr einen etwas besseren Eindruck von den Aktivitäten bekommt, die von der Schule selbst angeboten werden, gibt es heute also einen kleinen Überblick:

Mittwoch: Language Exchange mit dem Journeys English Studio
Journeys ist eine Sprachschule, die Englischunterricht für Japaner bietet und die Räumlichkeiten unserer Japanischschule nutzt. Das gibt den Schülern beider Institutionen die Möglichkeit, sich kennen zu lernen, auszutauschen und natürlich die neuen Sprachkenntnisse zu nutzen. Manchmal geben die Betreuer bestimmt thematische Anreize oder es gibt zum Beispiel sehr lustige Kartenspiele, mit denen man Englisch üben kann, während man MauMau spielt. Ich habe dort schon viele nette Leute kennen gelernt und schon einen Besuch im Izakaya (Einer Art gehobener Kneipe) abgestaubt. Man kann also Kontakte knüpfen, an die man sonst so nicht drankäme. Oder Japanern erklären, wie das deutsche Adresssystem funktioniert. Definitiv hoher Spaßfaktor :]
Ein ähnlich aufgebautes Angebot gibt es nochmal am Samstagnachmittag. Bisher habe ich das noch nicht in Anspruch genommen, aber von dem, was mit andere Mitschüler so erzählt haben, macht es da genauso viel Spaß wie mittwochs.

Donnerstag: Movies!
Donnerstag um 16:00 Uhr wird das Licht in der Lounge gedämpft, Popcorn in der Mikrowelle aufgepoppt (Achtung! Ausschließlich salzig…) und ein japanischer Film gezeigt. Zum Glück für alle beteiligten mit englischen Untertiteln. Bisher hatten wir zwei SEHR schräge Filme über einen Anzug, der Menschen gutaussehend macht und einen Popsänger, der aus Versehen Frontmann einer Metal-Band wird, dann einen Film aus der Lupin III.-Reihe (Anime) und letzte und diese Woche ist die Live-Action-Verfilmung des Mangas „Death Note“ dran. Es geht also ziemlich quer Beet. Seit drei Wochen weiß ich auch, dass ab 19:00 Uhr dann das oben bereits vorgestellte Englischstudio Journeys einen Film anbietet: Englisch mit englischen Untertiteln. Bisher habe ich „Beetlejuice“ und „V wie Vendetta“ (letzteres am 5. November) miterlebt, morgen gibt es „Ich, einfach unverbesserlich“. Da die letzten beiden Filme für die japanischen Kollegen doch etwas schräg/schwer zu verstehen waren, bin ich gespannt, wie die Reaktionen auf die leichte Kost in dieser Woche sind.

Freitag: Party!
Etwa alle zwei Wochen wird ein Restaurantbesuch organisiert, der Genki-Schüler und Japaner zusammenbringt. Dabei kann leckeres japanisches Essen essen und nette Leute kennen lernen. Eine ideale Mischung also. Die Party von letztem Freitag hat dazu geführt, dass ich an diesem Dienstag endlich mal wieder Backen konnte. Fotos und Eindrücke davon dann in einem späteren Eintrag :] Der Besuch der Parties ist zwar kostenpflichtig, da die Restaurants das ja nicht für umsonst machen, aber die Teilnahme lohnt sich in jedem Fall!

Mittwoch oder Freitag: Conversational Japanese with Manga
Ein Universitätsstudent aus Fukuoka organisiert diese einstündige Veranstaltungen einmal pro Woche dann, wenn sein Stundenplan es zulässt. Zwischen drei und sechs japanische Uni-Studenten lesen zusammen mit drei bis zehn Genki-Schülern Auszüge aus verschiedensten Manga. Der Sinn der Sache besteht vordergründig darin, die weniger formellen Sprachstile besser kennen zu lernen, da diese in Manga wesentlich häufiger und umfangreicher genutzt werden, als in unserem Lehrbuch. Bisher haben wir Slam Dunk, Attack on Titan und Death Note in Auszügen gelesen. Der Vorteil für mich ist, dass ich mal wieder Ideen bekomme, was für Manga in lesen könnte ;] Außerdem macht es ziemlich viel Spaß sich erklären zu lassen, warum das Zittern einer Person im japanischen mit „Puro puro“ umschrieben wird.

Montag, Dienstag, Sonntag: ???
Das Angebot der Aktivitäten in der Schule ist ehrlich gesagt so umfangreich, dass man an den anderen Tagen auch einfach mal froh ist, früher nach Hause zu gehen, mit der Gastfamilie was machen zu können oder eigene Ideen für Aktivitäten mit Mitschülern umzusetzen. In jedem Fall kann ich nur sagen: Wem hier langweilig wird, dem kann ich auch nicht mehr helfen ;]

Tokyo, Finale

Liebe Mama,
(cc: Liebe Hand- und Heimwerker im Publikum,)

Da du mir gesagt hast, dass du zwar selbst nicht so gerne reist, aber gerne über Reisen liest, habe ich mir gedacht, Bilder aus einem japanischen Hotel sind für dich bestimmt spannend 😀
Als ich in Tokyo war, war ich in einem schnuckeligen kleinen Hotelzimmer untergebracht, in dem es einige Dinge gab, die ich so nicht erwartet hatte:

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Als ich das Zimmer betreten habe, war es ziemlich dunkel und ich musste mich erstmal orientieren. Dieses kleine Kästchen an der Wand schien wie dafür gemacht, den Schlüsselanhänger aufzunehmen und als ich die Möglichkeit nutzte, wurde es – schwupps – wie aus dem Nichts hell im Zimmer. Die Beleuchtung (und wahrscheinlich auch noch anderer Kram) im Zimmer funktionieren nur, wenn der Schlüssel dort ist. Das ist doch mal wieder eine spitzenmäßige Idee, nicht? Schließlich kann man den Schlüssel dann nicht verlegen, wenn man da ist.
Die Bademäntel waren im japanischen Stil, was ich sehr bequem fand. Lustig fand ich den Hinweis, dass man den Bademantel und die Schlappen doch bitte nur IM Zimmer und nicht außerhalb tragen soll. Anscheinend haben die da schlechte Erfahrungen gemacht. Er ist aber auch bequem :]
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Der Blick ins Bad lässt den Begriff „Nasszelle“ schlagartig verständlicher werden:
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Der Raum war winzig, und – da komplett in Plastik ausgekleidet – wirklich sehr „zellenhaft“.

Für die Sanitäranlageninteressierten unter den Lesern hier nochmal der Blick auf die Wasserhahn-/Duschkopfkombination:
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Die Leitung zum Duschkopf ist tatsächlich die, die aus der Waschtischarmatur hinten herauskommt. Man kann dann nur wahlweise duschen ODER den Waschtisch nutzen, da beides über den Drehschalter an der Armatur bedient wird:
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ICH fand das faszinierend, weil ich sowas vorher noch nie gesehen habe…. Hat natürlich den Vorteil, dass man nur eine Zuleitung fürs Wasser braucht. Wieder so eine praktisch gedachte, kleine Sache.
Und weil’s so schön ist, auch noch etwas für alle Elektroinstallateure in Saal (und natürlich alle anderen, die ständig unter Spannung stehen^^):
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Wenn ich mein eigenes Haus habe, bekomme ich auch so eine Schaltleiste an mein Bett. Da kann man dann die Tischleuchte, die Deckenleuchte und das Flurlicht ausschalten, wenn man schon im Bett liegt und Strom und Internet hat man oben in die Ablagefläche auch direkt integriert. Super, oder?!
„Schöner wohnen“ sollte dringend mal eine Reihe über japanische Hotels und Haushalte machen!

Die Schulwoche

Liebe Mama,

Wie gewünscht hier ein Bericht über meinen Schulalltag diese Woche:
Die Unterrichtsstruktur hat sich für mich bisher nicht verändert, ich habe jeden Tag vormittags Unterricht. Auch die Unterrichtsform ist gleich geblieben, sodass ich weiter fleißig neue Grammatik lerne und sprechen übe. Ich merke, wie sich die neu erlernte Grammatik tatsächlich in meinen Sprachgebrauch schleicht. In Deutschland war es oft so, dass ich die neue Grammatik zwar verstanden hatte, sie sich aber dadurch, dass die Anwendungsmöglichkeiten so gering waren, nicht richtig festsetzen konnten. Wenn ich mich aber beim Abendessen oder einer Austauschveranstaltung mit Japanern unterhalte und das jeden Tag, dann sind die Möglichkeiten zur Nutzung natürlich viel eher vorhanden. Das fühlt sich sehr gut an. Auch meine Sorge, dass NUR japanisch lernen, 5 Tage in der Woche zu eintönig werden könnte, bestätigt sich bisher nicht.
Eine Besonderheit in der Schule gab es diese Woche dann doch noch: Ich die erste Hälfte der Grundstufe abgeschlossen. Mit einem „großen“ Test am Mittwochnachmittag. Der Teil zum Hörverstehen war sehr schwer, denn alle Dialoge wurden nur einmal abgespielt. Wenn man dann mal ein Wort nicht direkt verstanden hatte oder kannte und 5 Sekunden nachdenken musste, war der Rest des Dialogs schon vorbei und man hatte die entscheidenden Satzteile nicht mitbekommen. Das war anstrengend, aber der schriftliche und mündliche Teil dagegen war gut. Bestanden habe ich auch und zur Belohnung gab es etwas ganz tolles: Ein neues Buch!

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Jippieh :] Es ist der zweite Teil der Reihe, mit dem hier halt gearbeitet wird und bis Mitte/Ende Januar werde ich damit beschäftigt sein, alles zu lernen, was da so drin steht. Wenn ich das geschafft habe, fängt der Teil an, der mich unmittelbar auf die Prüfung im Juli vorbereitet.

Ich hab diese Woche außerdem wieder fleißig an Austauschprogrammen mit englischlernenden Japanern teilgenommen und festgestellt, dass ich mir was für das Mittagessen überlegen muss. Die Mittagspause ist jeden Tag von 11:15 Uhr bis 12:10 Uhr, was für mich ziemlich früh ist. Da ich in der Regel erst um 7:30 Uhr gefrühstückt habe, bin ich dann nicht besonders hungrig. Ich habe also diese Woche mal ausprobiert, wie ich klarkomme, wenn ich mir dann nur ein Stück Obst und ein kleines Brötchen oder etwas ähnliches mitnehme. Das klappt viel besser. Im Zweifel reicht das dann bis zum reichhaltigen Abendessen mit meiner Gastfamilie oder irgendwo in der Stadt. Also muss ich jetzt mal gucken, dass ich immer etwas mitnehmen kann, denn in der Stadt ist es etwas schwierig mal eben frisches Obst aufzutreiben bzw. wenn’s dann was gibt ist es TEUER! Zum Thema Essen auch noch der Hinweis, dass ich die Pfannenpizza bisher nicht ausprobiert habe. Ich habe zwar mit meiner Gastfamilie abgesprochen, dass ich auch mal kochen darf, wenn ich möchte, aber bisher fehlte mir dazu schlichtweg die Zeit^^

Wie du liest, bin ich weiter gut beschäftigt, fidel und gesund.

Liebe Grüße

Claudia

Zeitumstellung

So ihr Lieben,

jetzt grade ist bei euch zu Hause in Deutschland Zeitumstellung. Bei mir ist es 10:00 Uhr vormittags, ihr habt 03:00 Uhr nachts und schwupp – nun ist es 02:00 Uhr nachts bei euch. Ich hoffe ihr nutzt eure extra-Stunde gut, z.B. um angenehme Träume zu haben. Bei ist es immer noch 10:00 Uhr.
Wenn ihr mich also demnächst live erreichen wollt, denkt dran: Ich bin keine sieben, sondern acht Stunden weiter als ihr :]

Schlaft gut!

うるさい。。。

Liebe Anne,

Vor einigen Tagen ist mir aufgefallen, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du dich hier in Japan ziemlich wohl fühlen könntest. Ich kenne deine Reisvorlieben zwar nicht so genau, aber es gibt vier Dinge, die ich bisher in Japan bemerkt habe, die dir eine Reise hier ziemlich leicht machen dürften:
1. Markierungen auf dem Boden.
Als ich das erste mal in Dortmund auf dem Unicampus rumgelaufen bin, habe ich mich ja immer gefragt, warum diese komischen Riffel im Boden Sinn. Nach einer Weile ist mir dann aufgegangen, dass das alles Wege zwischen Gebäuden und ähnliches sind und die Rücksprache mit Papa hat mir bestätigt: Das sind Markierungen für Blinde und Sehbehinderte Menschen. Und die gibt es hier in Fukuoka massenhaft. An jeder Hauptstraße, in den Bahnhöfen, sobald es einen Bürgersteig gibt, gibt es oft auch diese Streifen. Wie heißen die eigentlich „richtig“?
2. Die Ampeln hier sind laut!
Sehr sehr viele Ampeln in Japan sind laut! Es gibt ein deutlich hörbares Zeichen, sobald grün ist. Auf vielen Kreuzungen werden alle Ampeln gleichzeitig grün und zu diesem Zeitpunkt ist für alle Autos rot, wenn allerdings zwei verschiedene Grünphasen für Haupt- und Querrichtung existieren, dann gibt es tatsächlich auch zwei verschiedene Töne! Einer klingt ein bisschen wie Vogelzwitschern, aber auf jeden Fall sind die beiden gut zu unterscheiden. Das Signal ist auch nicht, wie ich es in Deutschland oft kenne, sehr leise oder so, sondern immer gut zu hören. Auch die sehenden Menschen verlassen sich zum Teil darauf, wie ich gemerkt habe, denn viele sind von ihren Handys abgelenkt, während sie laufen. Da diese Ampelbeschallung der für mich deutlichste Unterschied ist, stammt daher auch die Überschrift dieses Eintrags. うるさい (u-ru-sa-i) bedeutet „laut“.
3. Beschriftungen an Geländern.
An Geländern von U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen habe ich schon ein paar mal Hinweise zu Richtungen in Braille gefunden.
4. Assistenz an Bahnhöfen.
Auch in Japan scheint es den Service zu geben, dass Menschen mit Behinderung vom Bahnpersonal wenn gewünscht zum Zug gebracht werden. Ich habe das hier bereits mit Blinden und Rollstuhlfahrenden gesehen. Da der Service in Japan allgemein nur als sehr gut und zuvorkommend bezeichnet werden kann, kann ich mir auch vorstellen, dass die Abwicklung recht reibungslos klappt, wenn man sich einmal verständlich gemacht hat.
So, nach diesen Eindrücken hoffe ich, dir Japan als Reiseland empfehlen zu können :]
Eine Frage habe ich an dich aber auch noch: Wie ist das mit dem Braille?
Ich weiß, dass die Japaner ein eigenes Braillesystem haben, zumindest behauptet Wikipedia das und ich glaube ihm^^ Kannst du mit deiner Braillezeile nun die japanischen Zeichen in meinem Eintrag lesen? Also kann deine Braillezeile die verarbeiten oder ist da eine Lücke? Da ich davon ausgehe, dass du kein japanisches Braille kannst, so wie die meisten meiner Leser die japanischen Zeichen nicht lesen können, würde mich das interessieren.