Garten, die Zweite

お兄ちゃん、
お母さん、 (<-- Das bist du, Mama^^) Letztes Wochenende waren おじいさん (Odschiisan - Oppa)、おばあさん (Obaasan - Omma) und チョコ (Tschoko) zu Besuch. チョコ seht ihr auf dem Foto auf der Couch sitzend: IMG_20151018_171549

おばあさん (Obaasan – Die Oma) sitzt im Hintergrund und bügelt, im Vordergrund versucht die Älteste ein Foto von dem Hund zu bekommen, auf dem er auch in die Kamera guckt. Mit mäßigem Erfolg, wie man sieht. Vom Opa habe ich kein Foto, aber dafür Fotos von seinem Wirken.

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Oppa hat innerhalb von zwei Tagen mal eben den kompletten Garten … wie sagt man das jetzt? Er ist über ihn hinweggefegt, wie ein ordnender Taifun. Ehrlich gesagt, finde ich, er hätte ruhig ein bisschen mehr stehen lassen können, aber ordentlich sieht es jetzt allemal aus. Kommt dazu, dass es Paprika und Kiwis zu ernten gab. Und zwar in recht beachtlichen Mengen.

@お兄ちゃん: Mach dir nicht zu viele Gedanken deswegen und schlürf trotzdem weiter in Ruhe deinen Tee. Dein Garten ist mindestens zehn Mal so groß, wie das Handtuch hier. Außerdem ist おじいさん oldschool. Der lässt auch die Tür von der Toilette auf, wenn er da steht und pinkelt. Also nicht zwingend ein Vorbild. Ich konnte damit leben, als die beiden wieder nach Hause gefahren sind^^

Bezüglich des Hundes gabs dann noch eine lustige Szene in der Schule, als die Lehrerin fragte, was wir am Wochenende gemacht hätten. Ich erwähnte, dass チョコ zu Besuch war, ein ダクスフンド. „Dakusuhundo“, also „Dachshund“ wird der Dackel hier liebevoll genannt. Nur das niemand weiß, dass das Dachshund heißt. Also tatsächlich ein deutsches Wort mit einer entsprechenden Bedeutung ist. Meine Lehrerin war völlig fertig, als ich ihr das erzählt habe und hat dann nur gefragt, warum in Deutschland Dachse gejagt würden. Nachdem wir 10 Minuten gebraucht haben, um zu klären, was überhaupt ein Dachs ist xD War sehr witzig.

Und nun das neueste vom Spocht

Alternativtitel: Japaner in Ekstase.

Also folgendes: Dortmund spielt das letzte Spiel der Saison. Das Heimspiel gegen den FCB entscheidet über Meistertitel oder nicht Meistertitel. In einer Kommunikationszentrale am Niedersachsenweg beten zwei Herren mittleren Alters genervt und fieberhaft für eine Niederlage. Der Rest der Stadt ist im totalen Ausnahmezustand. Überall schwarz-gelbe Flaggen, schwarz-gelb gekleidete Menschen, Kneipen, die Rudelgucken anbieten. Der Friedensplatz muss zwei Stunden vor Anpfiff wegen Überfüllung geschlossen werden. Angespannte Stimmung macht sich breit. FCB-Fans übernehmen den alten Markt, in der Innenstadt wabern immer wieder Fetzen von Fangesängen durch die Straßen.
Anpfiff!

Abpfiff!
Dortmund gewinnt überlegen! Wir sind Meister!!!!!!!!!!! Die Innenstadt befindet sich die gesamte Nacht im Ausnahmezustand. Autokorso, Fangesänge, Bierduschen für die FCB-Fans, Bierduschen für die BVB-Fans, Bierdusche für alle!
Die Herren vom Niedersachsenweg brauchen jetzt Kekse. Viele Kekse.
Am nächsten Mittag: Siegerkorso – Um den Borsigplatz, durch die Innenstadt – Feuerwehr, THW (inkl. der Herren mit den Keksen^^), Sanitätsdienste, Polizei, Fans, Mannschaft – alle sind auf den Beinen. Viele der Anwesenden haben erst gar nicht geschlafen.
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! *jubelkreisch*



Ihr habt das Bild vor Augen, ja?
Gut.
Letzten Freitag habe ich nämlich das japanische Äquivalent zu genau diesem Szenario in Fukuoka erlebt. Das Fazit: Die beiden Herren mittleren Alters, die oben erwähnt worden sind, sollten nach Japan ziehen. Dann hätten sie eine Sorge weniger ._.
Statt um Fußball geht es hier um Baseball. Statt Dortmund gegen den FCB spielen die Fukuoka Softbank Hawks (In Gelb, weiß und schwarz^^) gegen die Chiba Lotte Marines (schwarz). Meine Gastvater hat Karten und zusammen mit Oppa, Vattern und dem Kurzen mache ich mich auf den Weg zum Stadion.

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Soweit, so vertraut.
Vattern hat mir schon vor Tagen erklärt, dass es DAS Spiel der Saison ist, die Hawks haben die Möglichkeit den zweiten Titel in der Saison zu holen. Die Tage vorher habe ich persönlich in den Teilen der Stadt, in denen ich immer so rumlaufe, nicht so viel davon mitbekommen.
Auf dem Weg zum Stadion gibt es natürlich jede Menge Leute, die auch hingehen, denn der Fukuoka Dome fasst knapp 40000 Personen bei Baseballspielen. Fangesänge höre ich bisher nicht.

Vattern hat auf dem Weg noch Wacker Stärkung besorgt. Für jeden ein Obento. Also Reis, Fleisch, Fisch, Gemüse, nett angerichtet und gewärmt von der Imbissbude um die Ecke. Stellt euch vor ihr geht ins Stadion und nehmt für jeden Anwesenden eine SchniPo-Schlemmerplatte mit.

Als das Spiel beginnt, sind nicht alle Ränge besetzt (Es gibt ausschließlich Sitzplätze, wenn die beiden Hardcorefankurven ihre Gesänge loslassen, wird aber zumindest dort aufgestanden – Der Rest feuert im Sitzen an – Vorzugsweise nicht mit der eigenen Stimme sondern so Plastikröhren, die man aneinander schlägt), wir packen das Obento aus, wünschen guten Appetit und fangen an zu schlemmen. Die ersten beiden Innings verlaufen ziemlich ruhig. Da beim Baseball immer eine Mannschaft angreift und Punkte machen kann und die anderen verteidigt, ist das Spiel irgendwie… geordneter und ruhiger als so ein Fußballspiel. Das unterstreicht die Familienpicknickstimmung, die für die ersten 2 Innings (ca. 40 Minuten) herrscht. 9 Innings werden insgesamt gespielt, da der Verlauf vom Spielgeschehen abhängt und nicht von der Uhr, ist die Gesamtdauer nicht festgelegt. Vattern geht so vom 3 1/2 Stunden aus. W00t? Okay. Ich hab ja keine Ahnung…

An dieser Stelle ein ganz herzlicher Dank an Ingo von den Dortmund Wanderers – Ja, Dortmund hat ein Baseballteam 😀 Der Ingo hat mir nämlich einen Freitagabend als ich da ein T-Shirt für meinen Gastvater kaufen wollte, mal die grundlegenden Regeln erklärt. Und ganz ehrlich: Ohne die Erklärung hätte ich nur halb so viel Spaß gehabt, weil ich nicht mal die Hälfte vom Spielgeschehen verstanden hätte. Es ist nicht so, dass Baseball übermäßig kompliziert sei, aber die Grundregeln sollte man doch einmal gerafft haben, bevor man sich das anguckt. Das hilft.

Zurück zum Spiel: In der zweiten Hälfte des dritten Innings schlägt Lee Dae-Ho (Wenn der auf’s Feld kommt, wird der Beginn von Harry Belafontes Banana Song gespielt: Daaaaae-yo – Das finde ich witzig^^) einen Homerun. Ekstase, erster Teil! Die Ränge flippen vollkommen aus, alle springen (!) von ihren Sitzen auf, wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Bierdusche für… Ach ne, Falsch. Sorry.
Also. Ekstase: Alle springen von ihren sitzen auf, rufen vor Freude, wildfremde Menschen geben sich High-Five und schlagen ihre Lärm-Röhren aneinander. Fukuoka liegt jetzt 3:0 vorne. Alle setzen sich wieder, es geht schließlich weiter. Ich freu mich natürlich auch mit, ein Homerun ist einfach zu erkennen und alle freuen sich sehr, inklusive mir.
Chiba macht im vierten Inning einen Punkt zur Ehrenrettung, die Chibafans, die in den beiden Blöcken neben unserem streng getrennt vom Rest der Welt sitzen, haben am Anfang ziemlich Alarm gemacht und ihre einzelnen Spieler ausgerufen etc. Alles sehr beeindruckend. Ab dem sechsten Inning werden sie allerdings ruhiger.

Da Chiba als Gast immer zuerst versuchen darf, Punkte zu machen, muss nur die erste Hälfte des neunten und letzten Innings gespielt werden. In dem Moment, als der Werfer von Fukuoka den entscheidenden Ball spielt und Chiba raus ist, ist klar, dass die Hawks gewonnen haben.
Der Ekstase 2. Teil.
Sieht ziemlich ähnlich zum ersten aus. Unten auf dem Feld sind die Spieler etwas ausgelassener, denn die laufen auf’s Feld und bejubeln den Werfer, der das entscheidende Out erspielt hat.

Alle freuen sich fürchterlich, aber mir kommt das Ganze immer noch sehr gesetzt vor. Ich habe das Gefühl, dass die Fans völlig aus sich rausgehen, aber mit dem Jubel, den ich von Hause kenne, hat das wenig zu tun. Nach kurzer Freude setzen sich alle wieder hin und warten auf die Siegerehrung. Still. Es gibt einen Blockabschnitt, in dem die Stimmungsmacher von Fukuoka sitzen, da ist etwas mehr los. Bei uns eher gelöste Zufriedenheit.
Bei der Siegerehrung wird eine gerahmte Fahne übergeben, auf der das Datum und der Titel eingestickt ist. Die Spiele bekommen das Ding jetzt aber nicht in die Hand, um es in den Himmel zu recken oder so, sondern zwei freundliche Damen aus den Reihen der Cheerleader tragen das Ganze vor den Spielern einmal durchs Stadion. Die komplette Symbolik ist anders als ich es kenne.

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Nach weiteren 30 Minuten ist alles vorbei. Wir verlassen das Stadion (Draußen: Keine Gesänge). Ich fühle mich fröhlich, aber nicht ekstatisch. Das Gefühl, dass der Gewinn eines Meistertitels im Fußball bei mir hinterlässt ist signifikant anders. Als wir zurück zum Auto laufen, habe ich den Eindruck, soeben eine wichtige Erfahrung bzgl. des Unterschiedes zwischen deutscher und japanischer Kultur gemacht zu haben. Die Zügellosigkeit, die ich von zu Hause kenne, scheint hier undenkbar. Die Freude ist da, aber sie ist nicht so ungehemmt, sondern ruhiger, geordneter – erinnert mehr an Zufriedenheit als an Ektase. Autokorso stehen außer Frage. Das Picknick ist vorbei, Fukuoka ist Meister.
Wir fahren nach Hause.
Und damit zurück ins Studio nach Hamburg.

Konditorei あおば Est. 2000

Lieber Peter,

Erinnerst du dich an die „Konditorei“ direkt hier bei meiner Gastfamilie um die Ecke, die ich am Anfang mal kurz erwähnt habe? Natürlich war ich mittlerweile mal drin und habe was gekauft. Dabei musste ich an unseren Besuch beim Schweizer letztes Jahr denken. Das Törtchen, das ich ausgewählt habe, war nämlich aus Maronen, mit einer Füllung innen, die ich leider nicht identifizieren konnte. War aber lecker. Ich habe schon viele Süßigkeiten hier mit Maronengeschmack gesehen. Gerade bei Cremetörtchen scheint das ziemlich beliebt zu sein. Damit du einen Eindruck vom Angebot eines japanischen Bäckerladens bekommst, hier auch zwei Fotos:

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Man sieht, dass es mit Brot hier nicht weit her ist. In der Regel bekommt man in Bäckereien hier vor allem Torten und Törtchen. Torten sind dabei standardmäßig kleiner als in Deutschland. Ich würde schätzen, dass 16cm bis 20cm durchmesser der Standard sind. Der Großteil wird aber eh als einzelnen Teilchen verkauft. Alles was süß und hübsch ist, geht. Jedes kleine Törtchen ist hübsch anzusehen, ob alle auch so gut schmecken, werde ich dann mal ausprobieren.

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Die süßen Brötchen und die Plätzchen auf der Fensterbank, die leider nirgends zu sehen sind, sind das am wenigsten verzierte Backwerk. Die Kekse waren auch sehr lecker, mit ca. 3€ pro Tütchen (ca. 8 Kekse) dann aber doch SEHR teuer.

Soviel also zum Backwarenangebot um die Ecke. Das Thema bleibt natürlich auf meiner Liste :]

うるさい。。。

Liebe Anne,

Vor einigen Tagen ist mir aufgefallen, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du dich hier in Japan ziemlich wohl fühlen könntest. Ich kenne deine Reisvorlieben zwar nicht so genau, aber es gibt vier Dinge, die ich bisher in Japan bemerkt habe, die dir eine Reise hier ziemlich leicht machen dürften:
1. Markierungen auf dem Boden.
Als ich das erste mal in Dortmund auf dem Unicampus rumgelaufen bin, habe ich mich ja immer gefragt, warum diese komischen Riffel im Boden Sinn. Nach einer Weile ist mir dann aufgegangen, dass das alles Wege zwischen Gebäuden und ähnliches sind und die Rücksprache mit Papa hat mir bestätigt: Das sind Markierungen für Blinde und Sehbehinderte Menschen. Und die gibt es hier in Fukuoka massenhaft. An jeder Hauptstraße, in den Bahnhöfen, sobald es einen Bürgersteig gibt, gibt es oft auch diese Streifen. Wie heißen die eigentlich „richtig“?
2. Die Ampeln hier sind laut!
Sehr sehr viele Ampeln in Japan sind laut! Es gibt ein deutlich hörbares Zeichen, sobald grün ist. Auf vielen Kreuzungen werden alle Ampeln gleichzeitig grün und zu diesem Zeitpunkt ist für alle Autos rot, wenn allerdings zwei verschiedene Grünphasen für Haupt- und Querrichtung existieren, dann gibt es tatsächlich auch zwei verschiedene Töne! Einer klingt ein bisschen wie Vogelzwitschern, aber auf jeden Fall sind die beiden gut zu unterscheiden. Das Signal ist auch nicht, wie ich es in Deutschland oft kenne, sehr leise oder so, sondern immer gut zu hören. Auch die sehenden Menschen verlassen sich zum Teil darauf, wie ich gemerkt habe, denn viele sind von ihren Handys abgelenkt, während sie laufen. Da diese Ampelbeschallung der für mich deutlichste Unterschied ist, stammt daher auch die Überschrift dieses Eintrags. うるさい (u-ru-sa-i) bedeutet „laut“.
3. Beschriftungen an Geländern.
An Geländern von U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen habe ich schon ein paar mal Hinweise zu Richtungen in Braille gefunden.
4. Assistenz an Bahnhöfen.
Auch in Japan scheint es den Service zu geben, dass Menschen mit Behinderung vom Bahnpersonal wenn gewünscht zum Zug gebracht werden. Ich habe das hier bereits mit Blinden und Rollstuhlfahrenden gesehen. Da der Service in Japan allgemein nur als sehr gut und zuvorkommend bezeichnet werden kann, kann ich mir auch vorstellen, dass die Abwicklung recht reibungslos klappt, wenn man sich einmal verständlich gemacht hat.
So, nach diesen Eindrücken hoffe ich, dir Japan als Reiseland empfehlen zu können :]
Eine Frage habe ich an dich aber auch noch: Wie ist das mit dem Braille?
Ich weiß, dass die Japaner ein eigenes Braillesystem haben, zumindest behauptet Wikipedia das und ich glaube ihm^^ Kannst du mit deiner Braillezeile nun die japanischen Zeichen in meinem Eintrag lesen? Also kann deine Braillezeile die verarbeiten oder ist da eine Lücke? Da ich davon ausgehe, dass du kein japanisches Braille kannst, so wie die meisten meiner Leser die japanischen Zeichen nicht lesen können, würde mich das interessieren.

Lecker!

お兄ちゃん、

Es ist Samstagvormittag und ich sitze alleine zu Hause vor dem Fernseher. Meine Gastfamilie ist in alle Himmelsrichtungen ausgeschwärmt und im Fernsehen läuft – Überraschung – eine Kochsendung. Zwei junge Typen reisen quer durch’s Land und probieren überall besondere oder regionalspezifische Speisen. Man hilft zuerst beim Anbau/Aufzucht/Zubereitung und dann wird gegessen. Soweit bisher mein Verständnis der Serie. Das ganze ist ziemlich lustig mitanzusehen (Die Sendung heißt übrigens „The Tetsuwan DASH“) und mitunter auch lehrreich. Und weil ich weiß, dass es dich BRENNEND interessieren wird, kommt hier meine kleine Übersicht darüber, wie man „Lecker!“ sagen kann. Da dort im Fernsehen zwei Kerle rumspringen, bin ich mir auch sicher, dass du all diese Wörter benutzen darfst, ohne komisch zu klingen. Im Laufe des Tages kann ich dann hoffentlich auch abklären, welche Begriffe ich benutzen darf, ohne die Japaner restlos aufgrund meiner unangemessenen Sprache zu verstören xD
Los geht’s:
おいしい! allround-Wort für „Lecker“ – das haben wir auch schon im Unterricht gelernt. Also: Standard (=langweilig)
うまい! Laut meinen Gastvater genauso wie おいしい „lecker“ – Die Typen im Fernsehen benutzen es aber öfter. Also vielleicht mehr in? Männlicher? Keine Ahnung^^
うっめ~! DAS ist dann definitiv die Steigerung – Also wenn irgendwas überraschend lecker, oder total lecker oder lecker lecker ist – Dann wird hinten aus dem あい-Laut ein え-Laut. Zwischen U und ME dann möglichst noch große Augen machen, halb vom Stuhl fallen und natürlich ansteigend lauter werden. Dann hast du’s^^
すごい! Ist ja irgendwie das Wort für alles, was toll ist. Kann halt auch auf Essen angewendet werden
すっげ~! Gleiches Prinzip wie bei うまい – aus „ai“ wird „e“
Zum Abschluss noch so eine Vorsilbe, die immer geht: メッチャ! Das funktioniert so wie unser „Mega-„. „メッチャァァァうっめぇぇ!“ ist dementsprechend so ungefähr das leckerste, was ich zur Zeit ausdrücken kann^^
Wenn du nun also das nächste Mal beim Japaner deines Vertrauens zum Essen eingeladen bist, dann kannst du deiner Bewunderung für die hoffentlich vorhandenen Kochkünste nun angemessen zum Ausdruck bringen :]

Noishowanshutain

Lieber Peter,

Na, hast du der Überschrift das Thema des Eintrags entnehmen können?

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Das steht „romantische Hauptstraße“ und eben der Name des abgebildeten Schloss Neuschwanstein. Wenn man’s weiß, kann man es der Überschrift wahrscheinlich immer noch nur dann entnehmen, wenn man etwas Übung in der höchst interessanten Umschreibungsweise der Japaner hat. Wer nicht die Möglichkeit hat, mehrere Konsonanten hintereinander mit seiner Schrift darzustellen, kommt halt schonmal in Bedrängnis.
In jedem Fall durfte ich feststellen, dass Neuschwanstein das wahrscheinlich bekannteste deutsche Bauwerk in Japan ist. Überhaupt scheint insbesondere der Süden der Republik als Reiseziel beliebt zu sein. Ich bin jetzt schon oft darauf angesprochen worden, dass mein Gegenüber entweder schonmal in Deutschland war oder noch hin will. Dann werde ich immer nach lohnenswerten Zielen gefragt. Ich bin da immer etwas ratlos.
Frage: Welche Reiseziele in Deutschland würdest du den Japanern empfehlen? (Alle anderen Leser können natürlich auch gerne Empfehlungen geben)

Toilette, die zweite

Lieber Dieter,

Heute habe ich ein Foto für dich gemacht :]
Wenn du das nächste Mal eine Gästetoilette umbaust und nicht weißt wohin mit dem Waschbecken, dann importier‘ doch einfach mal aus Japan. Ich helfe dir gerne dabei, die Formalitäten zu klären:

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Ist das cool? Das Wasser läuft aus dem Hahn ins Waschbecken, man kann sich die Hände damit waschen. Da das Waschbecken quasi der Deckel des Spülkastens ist, läuft es einfach weiter nach unten, so lange, bis der Spülkasten wieder vollgelaufen ist. Eigentlich pfiffig, oder? Es gibt immer wieder Momente, in denen ich den japanischen Einfallsreichtum bewundere.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, was passiert, wenn Seife in dieses Wasser gelangt. Sowohl bei meiner Gastfamilie als auch hier in der Schule (Hierher ist das Foto) steht keine extra Seife auf den Toiletten bereit. Im Badezimmer der Gastfamilie schon.
Bad und Toilette sind hier im übrigen immer getrennt. Warum ich mich im Bad beim abendlichen (!) duschen immer wie im Hollandurlaub mit meiner Familie fühle, erzähle ich euch dann in einem anderen Brief.

Der ERSTE Tag.

Liebe Mama,

Meine Einschulung ist gut gelaufen, ich habe mich mit den anderen Kindern gut verstanden und keine Prügeleien angefangen. Die Lehrer sind alle nett und in der Schulmensa… Ach ne, die gibt’s ja nicht.
Also mal im Ernst: Der erste Tag war total toll – すごくよかったね! Nachdem ich mit den unglaublich pünktlichen Zügen schön früh da war, gab’s ein Anfangsinterview, in dem mit mitgeteilt wurde, in welche Klasse ich komme. Nach einem Einführungsvideo zu den Themen wer, was, wann, wo und warum, hatte ich den ersten Unterricht. Ich bin tiefer eingestuft worden, als ich mir erhofft hatte, aber da wir vorher mit einem anderen Buch gelernt haben als hier und meine alte Japanischlehrerin nicht gerade für ihre gute Organisation bekannt war, wohl zutreffend. Der Unterricht heute hat viel Spaß gemacht (und das waren die Grammatikstunden!!) und da wir in unserer Klasse nur zu dritt sind auch sehr lehrreich und entspannt. Außerdem habe ich ein neues Buch bekommen – Freude *neues Buch knuddl*!
Abgesehen vom Unterricht gab es noch eine etwas wirre Stadtteilführung und ich hatte noch jede Menge organisatorisches zu erledigen. Unter anderem habe ich herausgefunden, dass ich relativ unkompliziert doch einen Ausflug nach Korea machen kann. Ich muss nur darauf achten, vorher ein bestimmtes Formular auszufüllen, dann ist das trotz meines Single-Entry-Visums möglich. Cool oder? Ich kann zwar kein Wort Koreanisch und weiß nicht, was es in Pusan so gibt, aber schaden kann’s ja nicht und mit der Fähre sind das wohl nur zwei Stunden.
Nach dem Unterricht habe ich noch ein wenig im Foyer gesessen und Vokabeln abgeschrieben, die wir in dieser Woche durchnehmen werden. Da werde ich gleich mal weiter machen.
In der Einführung haben wir auch jede Menge über die Zusatzangebote gelernt. Es gibt jede Woche Austauschtreffen mit japanischen Studenten (mittwochs), einen Filmabend (donnerstags) und ein gemeinsames Essen mit japanischen Studenten (freitags). Da diesen Samstag ein Feiertag ist, gibt es am Sonntag außerdem einen Ausflug zu einem nahegelegenen Festival, weil wir Montag frei haben, wenn ich das richtig verstanden habe. Liegt ein Feiertag in Japan an einem Wochenendtag, wird nämlich einfach der darauf folgende Montag frei (für alle, Angestellte, Schüler etc.; der Feiertag wird einfach „nachverlegt“, sodass alle was davon haben^^) und für freie Tage bietet die Schule dann immer kostenlose Ausflüge als Ersatz für den Unterricht an.
Hatte irgendjemand noch Angst, dass mit langweilig wird? Vielleicht kann ich zum Festival meinen Yukata austragen, dann hat es sich wenigstens schonmal gelohnt, den mitzuschleppen. Bei den Handtüchern ist das nämlich nicht der Fall…. Die bekomme ich von meiner Gastfamilie gestellt, obwohl die Schule ausdrücklich geschrieben hat, dass ich sie mitnehmen MUSS! Ich weiß, ich weiß, mein Mann hat’s mir gesagt, aber naja. /Ende der Abteilung „Jammern auf hohem Niveau“/
Leider habe ich heute keine Fotos gemacht, aber ich habe Glück, denn die Schule selbst hat unter diesem Link gaaaanz viele Fotos von seinen Räumlichkeiten online gestellt.
Wie du liest, läuft es weiter gut, ereignisreich und spannend.

Liebe Grüße,

Deine Claudia

P.S.: Wer weiß an welche Szene aus welchem Disneyfilm ich bei der Überschrift dieses Briefes gedacht habe??

Klischees

Lieber Bernhard,

Im Juli saßen wir beim Italiener und du hast gesagt, es würde dich interessieren, welche Klischees über Japaner ich bestätigen bzw. dementieren kann.
Zum Auftakt zwei Bestätigungen:
Diese High-Tech-Klos sind irre. Ich kann dir natürlich immer noch nicht sagen, ob alle Japaner so ein Ding haben oder nicht, aber meine Familie hat eins und ich konnte bereits entziffern, dass es vier verschiedene Waschfunktionen (Davon heißt eine Bidet – gibt’s in normaler Stärke und „soft“ – gar nicht so dumm, einfach beides zu kombinieren) und eine beheizte Klobrille gibt, sowie drei statt der bei uns üblichen Spülstärken beim Abdrücken. Mal schauen, was ich noch rausfinde.
Am Flughafen gab’s nur „normale“ Toiletten: Einmal so wie wir sie üblicherweise haben und einmal als Bodenversion. Quasi ein etwas vornehmes Loch. Der unangenehme Geruch öffentlicher Toiletten war auch nicht anders als zu Hause, obwohl sonst sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich viel mit Raumduft gearbeitet. Mal mehr mal weniger angenehm.
Soweit für’s Erste.

Gibt’s bestimmte Sachen, die dich interessieren? (Oder jemand anderen? Schreibt mir, vielleicht nehme ich euren Suchauftrag an 😉

Liebe Grüße

Claudia

Weiberfarben

Liebe Mareike,

Neulich haben wir uns doch mal über Autos und Weiberfarben unterhalten, deswegen hier einmal aus der Kategorie „Gesehen und gelacht“:

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Ich habe schon einige Autos hier in Japan gesehen, die so eine Bonbonfarbe haben. Vielleicht solltest du das mal deinem Bekannten zeigen und dann redet ihr nochmal darüber, was Weiberfarben sind und was nicht^^
Was sonst noch auf japanischen Straßen auffällt: Es gibt verflucht viele von diesen wirklich kastenförmigen Minivans UND im größeren der beiden Familienauto sind zwei FERNSEHER. Also einmal vorne in der Mittelkonsole und einmal vom Himmel, damit die Rückbank was sieht. Die sind an. Während der Fahrt. Und Fahrer und Beifahrer nutzen ihn auch. An der Ampel unterhalten die sich dann darüber, wie かわいい alles ist, was gezeigt wird – zumindest wenn es おかあさん und いもうとさん sind…. Krass.

Liebe Grüße

Claudia