Sonntagsspaziergang

Hallo zusammen,

Nach neun Monaten im Land fällt einem auf, dass man irgendwie noch einen Haufen Sachen machen wollte, nur man hatte dafür immer ja noch sooooo lange Zeit und hat sich nicht drum gekümmert. Deswegen gibt es neuerdings eine Liste für diese Dinge, die ich in meinen letzten drei Wochen (!!!) hier noch erledigen will.
Einen dieser Listenpunkte habe ich heute in Form eines gemütlichen Sonntagsspazierganges abgearbeitet. Ganz bei mir in der Nähe gibt es einen großen Schrein, an dem ich jeden morgen vorbei fahre und der so toll und wichtig ist, dass er sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel hat. Na dann muss das ja gut sein, dachte ich mir und bin hin.
Genau genommen handelt es sich bei Kashii-gu um eine ganze Anlage von Schreinen, deswegen gibt’s ganz viele Fotos auch von kleinen Schreinen.
Am Eingang sieht man schon, dass die gesamte Anlage ziemlich grün ist.
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Direkt vorne mitten im Teich, der einen begrüßt, gibt es dann auch schon das erste kleinen Schreinchen.
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Nach dem Haupttor links geht’s weiter.
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Ich hab nur bei einem der kleinen Schreine erkennen können wofür die sind, nämlich bei diesem:
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Der Linke ist definitiv ein Inari-Schrein, also für den Fuchsgott. Da stehen auch ganz viele kleine niedliche Porzellanfüchse davor. Der rechte ist laut Infotafel dem Hühnergott geweiht. Glaube ich. Auf jeden Fall interessant, dass sie so nebeneinander stehen.
Ich persönlich finde ja, dass Schreine irgendwann alle ziemlich ähnlich aussehen. Viel mehr fasziniert hat mich die Parkanlage auf dem Schreingelände und insbesondere zwei Bäume:
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Dieser hier ist ziemlich groß aber mittlerweile im Stamm hohl. Die Öffnung ist so groß, dass ich mich da locker hätte reinstellen können. Dass der noch steht…..
Noch eindrucksvoller finde ich aber dieses wunderschöne Exemplar:
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Dahinter gings dann zum Hauptschrein hoch – neben dem Eingang stand dieser Geselle:
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Ich fand ja besonders interessant, dass er dem Besucher den Rücken zukehrt.
Dann kam der Hauptschrein. Aus irgendeinem Grund hat meine Kamera aber das Bild davon verschluckt…. Doof das.
Hinter dem Hauptschrein gab es noch eine Anlage, von der ich zwar erstmal nicht verstanden habe, was es ist, aber egal. Hin.
Erstmal muss man vom Tempelgelände wieder runter, durch ein Wohngebiet:
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Dann am zweiten Reisfeld rechts.
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Und dann, tadaa:
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Kurz vor diesem kleinen Gelände gab es eine Infotafel, die auch auf englisch dem Besucher erklärt hat, dass es sich hierbei um eine Quelle handelt. Dem Wasser wird nachgesagt, dass es unsterblich machen soll, weil der erste Erbauer angeblich 300 Jahre alt geworden sein soll. Logik? Egal. Der nette Herr, der hier im Bild ganz hinten kniet hat mich dann auch prompt gefragt, ob ich einen Schluck möchte. Ganz verdutzt habe ich bejaht und nachdem er mir erklärt hatte, wie ich den Becher zu reinigen habe, habe ich eine ordentliche Tasse voll Wasser bekommen. Bei den gefühlten 30° Temperatur und 210% Luftfeuchtigkeit, die herrschten, war ich dafür sehr dankbar. Ich bezweifle zwar, dass ich jetzt unsterblich bin, aber gut getan hat’s auf jeden Fall. Und das Vermeiden von Dehydrierung ist ja irgendwie zumindest auch eine lebensverlängernde Maßnahme :]
Zurück zur Hauptanlage gab es noch eine Steinanordnung von der ich mich nicht sicher bin, wofür sie ist:
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In jedem Fall stand ich aber davor und dachte mir „Wenn ich das alles irgendwann problemlos lesen und verstehen kann, DANN werde ich die Frage ‚Können Sie japanisch?‘ endlich ohne zu zögern mit ‚Ja, kann ich!‘ beantworten können.“.
Neben dieser Steinkonstellation im hinteren Teil des Geländes gab es noch eine kleine Teichanlage, von dem aus man über einen Trampelpfad zu einem weiteren kleinen Schrein raufsteigen konnte. Diverse Schilder weisen drauf hin, dass man seinen Müll gefälligst selbst mit nach Hause nehmen soll und die Tiere im Teich nicht anfassen soll, auch wenn sie zu einem hin kommen….
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Über den Matschpfad hoch, der kleine Schrein:
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Das war dann aber auch der letzte. Zurück zum Eingang habe ich mich in die Pausenhalle gesetzt, wo es immer diese netten Tatamibänke gibt, Getränkeautomaten und eine freundliche ältere Dame, die ahnungslosen Ausländern sagt, dass man die Fächer in der Kiste gerne benutzen darf 😀 Mir Luft zufächelnd habe ich dann eine Weile den Imagefilm des Schreins angeschaut, der auf einem kleinen Bildschirm in Dauerschleife lief.
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Hat jemand mitgezählt? Ich glaube insgesamt waren es sieben Schreine, die ich gesehen habe. Nochmal ein schneller Blick auf die Übersichtstafel – japp, im großen und ganzen war’s das.
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Also jetzt nochmal wacker durch den (eisgekühlten….) Supermarkt und dann nach Hause lernen. In exakt zwei Wochen (12:30 Uhr JST) ist Prüfung!

Es gibt nett und es gibt nett.

Lieber Peter,
Ich bin dir noch eine Antwort schuldig, wie ich hier gerade sehe. In deinem Kommentar zum Eintrag „Re.“ vom 24.02. fragst du nach dem scheinbar höheren Nettigkeitslevel in Japan.
Eine durchaus komplizierte Angelegenheit, wenn man sich etwas tiefergehend damit beschäftigt.
Um deinen Begriff aufzugreifen: Ich habe den Eindruck, dass das „vordergründige“ Nettigkeitslevel in Japan größer ist. In der Öffentlichkeit negative Gefühle aufkommen zu lassen, ist so undenkbar, dass man in jedem Laden mit für deutsche Verhältnisse übertrieben freundlicher (und lauter!) Stimme begrüßt wird. Wenn man ins Restaurant geht oder es verlässt, ist es nicht selten so, dass die gesamte im Raum anwesende Belegschaft wie Eins das Willkommen ruft. Ich habe auch noch nie gesehen, dass ein japanischer Ladenmitarbeiter einem Kunden wirklich offensichtlich gezeigt hätte, WIE nervig er gerade ist. Was ja in Deutschland durchaus passiert und m.E. in die Kategorie „Verkäufer sind auch nur Menschen“ fällt.
Ich habe als Kundin hier oft den Eindruck, dass es für den Verkäufer eine mittlere Katastrophe ist, wenn er oder sie meinem Wunsch nicht nachkommen kann. Der extrem höfliche Sprachstil tut ein Übriges. Die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter im Elektronikladen in Sapporo für Andreas und mich ca. eine Stunde um die Ohren geschlagen hat, um unsere deutschen Telefone mit der japanischen SIM-Karte zu laufen zu bekommen und sich am Ende der Odysee auch noch bedankt hat dafür, dass er dadurch viel Neues lernen durfte, spricht für einen Servicegedanken, der vom deutschen doch abzuweichen scheint.
Du fragst, „Was können wir in Westfalen besser machen?“. Ich glaube, die Westfalen haben insgesamt gute Anlagen, um diesbezüglich zu Punkten. Denn diese vordergründige Freundlichkeit kann durchaus durch eine gewisse Stoik erklärt werden und für ihr sprichwörtlich ruhiges, stoisches Wesen sind die Westfalen nun einmal doch über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Kann es ins brummelige und kurz abgebundene, ja ins phlegmatische umschlagen, so bietet es meines Erachtens eine gute Grundlage, um das nervige Gegenüber halt nervig sein zu lassen, man bleibt halt trotzdem stoisch freundlich. Soweit die folkloristisch-stereotype Handlungsempfehlung.
Dazu sei aber nun auch noch gesagt: Diese Perfektion mit der die Japaner das betreiben, scheint mir aber ehrlich gesagt doch auch darauf zu beruhen, dass man viel zu große Angst hat, aus dem Rahmen zu fallen und etwas falsch zu machen. Prinzipiell halte ich persönlich Angst aber immer für ein vergleichbar schlechtes Handlungsmotiv. Da ist mir der deutsche Verkäufer, der halt auch mal einen schlechten Tag hat, dann schon lieber. Japanische Kunden sind da aber auch total dran gewöhnt und benehmen sich dann gelegentlich auch ihrerseits aus meiner Sicht ziemlich sauig den Verkäufern gegenüber. Ich kenne es so: Wer gegrüßt wird, grüßt zurück. Egal, obs der Verkäufer, die Bundespräsidentin, der Kollege, die Nachbarin oder der Lehrer ist. Hier in Japan hängt das viel stärker von der hierarchischen Beziehung ab: Unten grüßt nach oben, aber umgekehrt nicht zwingend. Als Deutsche, die das nicht so krass gewohnt ist, finde ich das schade und ich sehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie die Verkäufer teils total beglückt sind, weil ich ihnen lächelnd in die Augen schaue, während ich mich tatsächlich Bedanke. Hierarchische Beziehung hier ganz klar: Der Kunde steht über dem Verkäufer. Als Ausländer bringt man diese Zustände aber sowieso immer mal wieder durcheinander, ob nun bewusst, gewollt, unbemerkt oder peinlich berührt. Allein schon die Tatsache, dass man die höfliche Sprachform, die der Verkäufer einem Kunden gegenüber zu benutzen hat, ja erst nach einige Zeit im Unterricht lernt, führt zu Problemen. Der Verkäufer sagt nämlich Dinge, die man inhaltlich schon längst verstehen würde, wenn er die ganzen höflichen Schnörkel wegließe und die einfach-normale Sprachform benutzt. Man merkt da schnell, welcher Verkäufer schon öfter mit Ausländern zu tun hatte: Einige benutzen sofort die neutrale Form, andere wechseln, nachdem sie merken, dass es nicht funktioniert, wieder andere kommen nicht auf die Idee zu wechseln. Der Mittelweg scheint mir da wie so oft der goldene zu sein: Erfahrene Japanischlerner spüren nämlich durchaus, dass die höfliche Form ihnen gegenüber nicht angewendet wird, was dann eben einer Herabsetzung gleichkommt.
Ich kann an beiden Umgangsformen gute und schlechte Seiten finden. Die Umstellung vom einen aufs andere ist eben krass und man zuckt schonmal zusammen, wenn man außerhalb Japans nicht so freundlich angesprochen wird oder innerhalb Japans um eine kleine Nachfrage ein unnötiger Riesenaufwand betrieben wird.

Vorder- und hintergründig liebe Grüße

Claudia

Wir-grillen-durch-Verein

Liebe Saccho,

Am Sonntag war ich in Itoshima!!!! Da habe ich zum ersten mal in meinem Leben Austern (さき) gegessen. Es war sehr lecker und sehr lustig, denn ich bin meiner ganzen Gastfamilie und einer befreundeten Familie gefahren, sodass jede Menge los war.
So sah das Gelage aus:

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Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich Anfang Januar (!) nur umgeben von einem großen Zelt direkt am Hafen grillen war und mir nicht kalt war! Ich weiß nicht, ob Kronen die Werbekampagne immer noch macht, aber irgendwann musste ich unwillkürlich an den Slogan mit dem „Wir-grillen-durch-Verein“ denken. Nach dem Grillen (Es gab mehr als nur Austern: Onigiri, Inari, Paprika, Hähnchen, Wagyu-Rind, Zwiebeln, und und und) musste ich erstmal einen Verdauungsspaziergang machen, denn ich war sooo vollgefuttert und das Wetter war so schön. Weil man am anderen Ende des Hafens einen rot-leuchtenden Turm sehen konnte, wollte ich die Hafenmauer entlang dorthin laufen. Ich dachte, der Turm sei vielleicht frisch gestrichen, weil er so geleuchtet hat, aber als ich ankam, habe ich gesehen, dass es gar keine gestrichene Farbe war:

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Das hat mich überrascht!

Auf dem Weg zum Turm bin ich an vielen Leuten vorbei gekommen, die geangelt haben. Einige haben mich gegrüßt und waren überrascht als ich zurück gegrüßt habe – Ich hatte den Eindruck, dass ich dort als Ausländerin sehr aufgefallen bin, aber ich fand es eher interessant als störend. Es war ein herrlich-sonniger Tag und die japanische Landschaft außerhalb der Stadt begeistert mich immer wieder!

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Anschließend sind wir noch zu einem Bauernmarkt gefahren, wo es leckeres Eis und gezuckerte Sojabohnen gab. Die Sojabohnen habe ich heute in der Schule angeboten, die meisten meiner Mitschüler waren ziemlich neugierig darauf, aber der Geschmack ist ungewöhnlich 😀 Deswegen habe ich noch etwas übrig. Ich mag sie aber sehr gerne^^
Alles in allem war es ein sehr schöner Sonntagsausflug. Und gegrillte Austern finde ich ziemlich lecker :]

Noch ein Hochzeitsgeschenk

Als ich mich mit Sayako in Tokyo getroffen habe, habe ich noch ein Hochzeitsgeschenk von ihr bekommen 😀

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Diese zusammen passenden Stäbchensets für Paare mit passenden Ablagesteinchen dazu sind anscheinend ein traditionelles Hochzeitsgeschenk in Japan. Unsere sind ganz toll mit kleinen Kirschblüten aus Perlmutt als Einlegearbeit verziert. Das Damenpaar ist dunkelrot und etwas kürzer als schwarze Herrenpaar. Die Ablagesteinchen haben auch die kleinen Kirschblüten und sind beide schwarz.
Andreas und ich haben bereits so ein rot-schwarzes Paar mit Eulen drauf, dass 兄 und 姉 damals von ihrer Japanreise als Andenken mitgebracht haben. Jetzt können wir also japanische Doppeldates bei uns zu Hause hosten. Yeah 😀

Zwei Sportarten – ein Name

Anfang Dezember war ich ja mit Sayako in Tokyo – ihr erinnert euch an die Weihnachtsimpressionen aus Shinagawa^^
Der Anlass unseres Besuches war die Austragung des Endspiels der gesamtjapanischen halb-professionellen Lacrosse-Liga. Damen wie Herren. Sayako spielt in Nagoya selbst Lacrosse – Landesweit gibt es etwa 20 Damenmannschaften, die nicht zu irgendeiner Bildungseinrichtung gehören, sondern mit Spielerinnen besetzt sind, die bereits im Berufsleben stehen. Klassischerweise kam eines der Teams aus Tokyo und eines aus Osaka 😀 Der ewige Streit.
Die Grundregel ist für Deutsche einfach zusammenfassbar: Das Runde muss ins Eckige.
Das Runde ist allerdings aus Hartgummi und nur faustgroß und das Eckige ist auch erheblich kleiner als beim Fußball und steht (wie beim Eishockey) ins Feld eingerückt – Es darf und wird also auch hinter dem Tor gespielt. Gespielt werden darf der Ball ausschließlich mit dem „Crosse“ genannten Stock, an dessen Ende ein Netz befestigt ist, in dem der Ball transportiert werden kann.

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Das ist dann aber auch schon so ziemlich der Punkt, an dem die Gemeinsamkeiten von Damen- und Herrenlacrosse enden.
Gespielt wurde auf einem Platz auf einem der Olympiagelände von 1964, dem Komazawa Olympia Park.
Das Damenspiel lief zuerst.
Hier ist irgendwie alles darauf ausgelegt, dass sich niemand verletzt. Zeitstrafen und Freistöße werden gegeben, wenn der Crosse zu nah an irgendein Gesicht kommt, wenn die Spielerinnen sich mehr als „leicht“ gegenseitig schieben etc. Das führt zu ziemlich häufigen Unterbrechungen und der Tatsache, dass die Damen zwar einen Mundschutz tragen müssen, aber sonst eigentlich in Shorts/Sportrock und T-Shirt rumrennen. Mein Eindruck: Die Teams spielen zwar gegeneinander, aber eine gewisse Harmonie herrscht schon.
Dann kamen die Herren… Das hat dann mehr was von Rugby. Alle tragen verpflichtend einen Schutzhelm und Körperpolster (Ihr erinnert euch an den Eishockey-Vergleich?! Packt man japanische Männer in so eine Montur sehen sie von weitem aus, wie große, breite Westler – 兄 zum Beispiel^^) Da wird mit den Cross auf den Gegner eingeschlagen, getackelt, gehauen, gestochen und gebissen – Ach ne, dafür gibt’s ja Helme…. In jedem Fall ist das ganze wesentlich rauer, dauert länger (4×20 Minuten, statt 2×25 Minuten) und tut beim zugucken viel mehr weh.
Insgesamt war es auch hier wieder interessant, etwas über einen mir bislang völlig unbekannten Sport zu lernen. Es macht Spaß, beim Lacrosse zuzuschauen und mitzufiebern, es ist wesentlich spannender als beim Baseball, wie ich finde :] Im Nachgang zum Spiel habe ich dann natürlich recherchiert und rausgefunden, dass es auch in Dortmund ein Lacrosse-Team gibt. Beim TSC Dortmund beheimatet, gibt es die Dortmund Wolverines.
Wieder was gelernt :]

Von unserem Hotelzimmer im siebten Stock konnte man im übrigen den Gipfel des verschneiten Fuji-san sehen. Eine tolle Überraschung!

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Sapporo – Dortmund, 20 Stunden

Da habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich in Sapporo am Flughafen (Shinchitose) angekommen bin. Für einen Moment habe ich überlegt, ob es wohl eine Direktverbindung Dortmund – Sapporo gibt – man weiß ja nie. Warum ich darauf gekommen bin?

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Naja, wenn man eine Fluglinie sieht, die „Air Do“ heißt, dann kann man als Dortmunder schonmal auf die Idee kommen, dass das was mit der Heimat zu tun hat. Tatsächlich ist die Linie hier im Norden Japans ansässig, wie sich dem Wikipedia-Artikel entnehmen lässt. Sapporo unterhält im übrigen seit den Olympischen Spielen 1972 eine Städtepartnerschaft mit München, da hier die Winterspiele in jenem Jahr ausgetragen wurden. Der Reiseführer verspricht dementsprechend einen Münchner Weihnachtsmarkt (Ist der Münchner Weihnachtsmarkt anders als andere deutsche Weihnachtsmärkte?) und stets einen deutschen Mitarbeiter an der zentralen Touristeninformation in der Stadt. Mal schauen, ob wir davon was bemerken können.^^

Während ich dann auf Andreas gewartet habe, ist mir auch am Flughafen wieder Weihnachtsdeko entgegengekommen. Mein persönliches Highlight diesmal: Der Weihnachtsbaum aus Weihnachtssternen rechts im Bild:

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Im Zug vom Flughafen nach Sapporo selbst fiel mir noch die Maiglöckchenwandgestaltung auf, die mich sehr an die Erdbeertapete meines Onkels hat denken lassen 😀

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Der besinnliche Moment kam tatsächlich dann noch auf dem Linienplan, abseits der streitbaren Weihnachtsdeko:

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Ja, das ist ein Ausschnitt aus dem Zuglinienplan rund um Sapporo. Der Bahnhof 平和 (へいわ heewa) liegt neben Shin-Sapporo (das ein Halt auf der pinken Linie, die unten im Bild eingezeichnet ist) und hat mich stutzen lassen, denn 平和 bedeutet mit den gleichen Kanji auf japanisch „Frieden“ – In Hiroshima gibt es z.B. einen Friedenspark – 平和公園, der dem Gedenken an den Atombombenabwurf von 1945 gewidmet ist.
„Nächster Halt: Frieden“ – das ist doch mal wahrhaft weihnachtlich, findet ihr nicht?

Antwort

Liebe Maike,

Entgegen deiner Vermutung kommt deine E-Mail zum perfekten Zeitpunkt. Von Düsseldorf nach Sapporo zu kommen, dauert dann halt doch 16 Stunden und da meine Gastfamilie wie immer auch heute schwer beschäftigt ist, hat meine Gastmama mich sehr früh zum Flughafen nach Fukuoka gebracht. Summa summarum resultiert das nun in mehr als zwei Stunden Wartezeit hier in Fukuoka und dann nochmal vier Stunden in Sapporo/Shin-Chitose.
Während ich gerade die erste Stunde in Fukuoka mit Einchecken, Bummeln und Eiscreme verbracht habe, habe ich unter anderem deine Mail gelesen und mir gedacht, dass heute doch eine gute Gelegenheit wäre, hier mal wieder zu schreiben. Da du mit deinem dezenten Hinweis auf die Zeit, die seit dem letzten Eintrag vergangen ist, natürlich auch völlig recht hast, stehe ich nun also in der Internetecke und tippe. Ich hoffe es ist dir recht, wenn ich deine Mail nun sozusagen in Teilen „öffentlich“ beantworte, denn ich denke, dass viele von deinen Fragen auch für den Rest der hier lesenden Welt interessant sein wird.

+ Durchsage an alle +
Ich weise darauf hin, dass dies ein langer Blogeintrag ist. Maike hat mich mit ihrer Mail so sehr motiviert und sie kam zu so einem günstigen Zeitpunkt hier in meinem Warteloch am 福岡空港, dass ich mal wieder in eine förmliche Schreibwut verfallen bin. Nehmt euch also ein leckeres Heißgetränk und etwas Zeit zur Hand, bevor ihr weiterlest^^
+Durchsage Ende +

Die Frage nach der Adventszeit in Japan scheint ja viele Leser zu beschäftigen. Ich denke die wichtigsten Punkte, die im Vergleich zu Deutschland so auffallen, sind folgende:
Die Weihnachtsmusik überall. Egal ob im Supermarkt Anfang November oder jetzt hier in den Restaurants am Flughafen. Überall werden Weihnachtslieder gespielt. In der Regel Instrumentalversionen von englischsprachig verfügbaren Klassikern: „Hark, the Herald Angels Sing“, „Engel haben Himmelslieder“, „We wish you a merry Christmas“, „Sleigh Ride“ sind so die, die mir jetzt am ehesten einfallen. Für mich persönlich steht die fast allgegenwärtige Musik im Kontrast zu der Wichtigkeit des Festes. Obwohl die Innenstädte beleuchtet sind, viele Läden Weihnachtsdeko inkl. Baum aufstellen (Ich hab grad wieder erst einen unten in der Empfangshalle am ANA-Schalter gesehen!) und alles „Weihnachten“ ruft, ist das Fest an sich dann völlig unbedeutend. Ein Tag wie jeder andere. Am 23.12. ist hier in Japan Feiertag, denn es ist der Geburtstag des Kaisers, aber das ist dann bis Neujahr auch alles. Weder Heiligabend noch Weihnachten sind irgendwie geschützt/wichtig/besonders. Die meisten Leute gehen zu KFC an Heiligabend. Kein Mensch weiß, woher dieser „Brauch“ kommt, aber ich bin gespannt, ob wir das am 24. beobachten können. Bei einem Anteil von 2% Christen oder so im Land, macht es natürlich Sinn, dass Weihnachten selbst nicht „gefeiert“ wird, aber komisch ist es für mich trotzdem. Ich habe das Gefühl, dass hier alle also auf den Dekoaspekt von Weihnachten steil gehen. Das ist für mich doch immer wieder schwierig hintereinander zu bekommen. Ein Kaufhaus im Bahnhof Hakata hat dieses Jahr eine Weihnachtswerbekampagne mit einem Roboter im Weihnachtsfrau-Kostüm mit dem Slogan „Ultimate X-Mas“…. Mir sind die Hintergründe vollkommen klar, aber der Advent ist für mich eben die Zeit vor Weihnachten, die klimatisch auf diese 2 ½ Tage Familie und sonst nichts hinarbeiten. In Deutschland stirbt da ja alles aus. Ich bin gespannt, wie Andreas und ich das wahrnehmen werden. Insbesondere im Vergleich mit dem Neujahrsfest, dass ja hier eher den Familienfeier-des-Jahres-Zuschlag bekommt.

Leuchten tun japanische Innenstädte übrigens immer – zur Adventszeit wird es nur noch ein bisschen mehr^^

Eine weitere Fragen zielt auf die Schule ab: Mein erstes Drittel ist vorbei!! Oh mein Gott!! Es ist so krass. Als ich am Freitag nach der Manga-Klasse nach Hause gefahren bin, fühlte sich alles nach normalem Wochenende an, aber de facto hat meine Klasse sich aufgelöst, da meine beiden Mitschülerinnen der letzten drei Wochen nun wieder in ihre Heimatländer geflogen sind und ich ja erstmal im Urlaub bin. Im neuen Jahr geht’s dann also komplett neu los.
Mal zu den technischen Daten: Bei GenkiJACS wird für die Grundstufe mit „Genki – An integrated course for Japanese“ gearbeitet. Ich wurde im Oktober im ersten der beiden Bücher in Kapitel 11 eingestuft. Insgesamt sind es 23 Kapitel und wir sind jetzt in Kapitel 21. Allerdings haben wir auch zwei Kapitel übersprungen, die erst hinterher kommen. Wir haben also neun Kapitel in zehn Wochen absolviert. Kanji sollte ich jetzt ca. 250 beherrschen, was aber noch nicht ganz der Wahrheit entspricht. Im Schnitt machen wir hier 16 Kanji pro Woche, sind also etwas langsamer als ihr an der Uni :]
Zur Zeit sieht es also so aus, dass ich Anfang/Mitte Feburar mit der Grundstufe abschließen werde und dann in die Mittelstufe komme. Dann werde ich auch anfangen, Extrastunden für die Testvorbereitung im Sommer zu absolvieren. Da kommen dann auch wie bei dir ein Mal pro Woche Aufsätze, die ich schreiben muss und die dann korrigiert werden. Ich denke, das ist sehr wichtig, bisher machen wir das leider noch gar nicht. Wenn ich mir die Ambitionen einiger Mitschüler ansehe, kann ich das auch durchaus nachvollziehen. Ich allerdings freue mich schon sehr darauf, auch wenn du mich noch genug schimpfen und fluchen hören wirst, wenn es erstmal so weit ist…
Ich selbst kann meine Fortschritte schlecht einschätzen. Ich weiß, dass ich viele neue Formen und Grammatiken gelernt habe, gefühlt übernehme ich aber nur einen Bruchteil davon in meine tägliche Kommunikation. Auch deswegen hoffe ich auf die Texte bald. Am Freitag hat mir ein japanischer Freund, den ich seit drei oder vier Wochen nicht mehr gesehen hatte, aber gesagt, dass sich meine Aussprache und Grammatik merklich verbessert hat, seit er mich zuletzt gesehen hatte. Darüber habe mich natürlich entsprechend gefreut 😀 Ich habe meine Lehrbücher natürlich mitgenommen und habe fest geplant ein oder zwei Tage auch einfach mal dafür zu nutzen, in Ruhe zu lernen, Stoff zu wiederholen und zusammen zu fassen. Wenn man sich da einmal dransetzt, dauert es ja dann in der Regel doch nicht so lange, wie man vorher befürchtet. Für das neue Jahr möchte ich dann unbedingt schauen, ob ich nicht doch nochmal einen festen Sprachtandempartner ausfindig machen kann. Ich habe schon mehrere Leute getroffen, die Deutsch lernen, aber die Anbahnung eines festen, regelmäßigen Treffens ist dann doch irgendwie schwierig.

Deine letzten Fragen beziehen sich auf Andreas und meine Reise hier in Japan. Bisher haben sich schon einige Ideen angesammelt. Da Andreas und ich nicht so die wilden Sightseer sind, gibt’s nicht so viele Ausflugziele wo wir hinwollen und es wird sich sicher auch einiges spontan entscheiden. Angepasst wie ich zum Teil auch schon bin an die lokalen Gepflogenheiten, habe ich vor allem Speisen, die ich gemeinsam mit ihm Essen möchte, nachgedacht. Ich habe gelesen, gehört und auch schon selber gemerkt, dass das sehr typisch für Inlandsreisende Japaner ist: Die Planen ihren Aufenthalt nach den Speisen, die sie essen wollen. In der Regel hat jede Region in Japan eine Handvoll Dinge für die sie berühmt ist: Fukuoka ist unter anderem bekannt für die Hakata-Seide, Hakata-Ramen, Erdbeeren und so lustiges Fleischspieße, deren Namen ich nicht kenne. In Hokkaido sind Shio-Butter-Ramen und Dschingis Kahn ganz große Favoriten. Beide Gerichte haben sicherlich auch damit zu tun, dass Hokkaido innerhalb Japans die Region mit der meisten Viehhaltung und Milchwirtschaft ist: Es gibt viel Butter (Butter-Ramen) und Schafe (Dschingis Kahn ist eine Art gebratenes Lammfleisch – ich werde berichten :)). Aber natürlich gibt es auch bekannte Fischsorten und wasweißdennichalles.
Außerdem möchte ich Udon, Soba, Takoyaki, Yakiniku, Shabu-shabu, Nabe, Sushi und noch ganz viele andere Sachen essen^^ Yummy!! In diesem Zusammenhang mal eine ganz dringende Bitte an alle Leser hier: Wenn ich wieder in Deutschland bin, und einen von euch Frage, ob er oder sie Lust hat, japanisch Essen zu gehen, werde ich mich nicht für meine Reaktion auf den Satz „Ach ne du, lass mal, roher Fisch ist nicht so meins.“ verantwortlich machen lassen…. Japanisches Essen hat sooooo viele Facetten, roher Fisch ist da der geringste Teil – ok? Ok. Danke.
Zurück zum Ferienprogramm: An Sehenswürdigkeiten habe ich bisher nur das Biermuseum in Sapporo, Onsen und mindestens ein Ainu-Dorf auf dem Plan. Andreas und ich werden sicherlich nochmal in Ruhe gemeinsam den Reiseführer wälzen.
Da wir in Sapporo in einer eigenen kleinen Ferienwohnung wohnen, habe ich mir von meiner お母さん (Okaasan – Gastmama) erklären lassen, wie ich Reis und Miso-Suppe koche. Das sind die wichtigsten Bestandteile eines japanischen Frühstücks :] Und ich habe auch schon gemerkt, dass ich mich schnell an den Reis gewöhnt habe. Wenn ich morgens aufstehe, möchte mein Magen in der Regel als erstes Mal eine Schüssel ご飯 (Gohan), sonst läuft gar nichts. お母さん hat heute morgen auch erstmal wieder den Vogel abgeschossen, was Nettigkeit und Niedlichkeit angeht. Mamas sind irgendwie doch überall auf der Welt gleich. Während in Deutschland Brot und Salz zum Einzug geschenkt werden, damit diese beiden wichtigsten Dinge niemals ausgehen, hat meine お母さん nach der Erklärung drei große Beutel voll rohen Reis in meinen Koffer gepackt!!!! Sie sind riesig! Und für zwei Wochen Verzehr für zwei Personen ausgelegt! Mir sind fast die Augen rausgefallen, als sie damit ankam. Sie meinte, Reis sei so schrecklich teuer, von dem Geld sollten wir lieber lecker Essen gehen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich für die drei Wochen trotzdem noch Miete bezahle, denn ich hab ja immer noch Sachen im Zimmer. Auf jeden Fall war es meganiedlich und lieb! Der Typ am Gepäckscan hat glaube ich auch nicht schlecht gestaunt….
Generell muss ich hier einfach nochmal erzählen wie unglaublich toll und lieb meine Gastfamilie ist. Okaasan arbeitet als Arztassistentin und Otoosan als Altenpfleger. Soviel habe ich mittlerweile an gesicherten Informationen. Mit ihren drei Kindern, davon jedes in einer Schulstufe und Otoosan im Schichtdienst ist eigentlich immer was los. Meine Okaasan ist darüber hinaus, wie ich gestern rausgefunden habe, zertifizierte Lehrerin für Teezeremonien, Ikebana und (Das war der allergrößte Knülller!!) für japanische Gebärdensprache!!!!!!!!! Für nächstes Jahr hat sie mir nun versprochen, dass wir mal gemeinsam eine Teezeremonie machen und über die Nummer mit der Gebärdensprache haben wir uns natürlich ziemlich lange unterhalten. Ich konnte ihr noch einige interessante Dinge aus der deutschen Gebärdensprache erzählen und kann jetzt in japanischer Gebärdensprache sagen „Mein Name ist Claudia“ und „Fukuoka“ – Obwohl ich wahrscheinlich ein paar Probleme mit dem Alphabet bekomme, denn das ist prinzipiell dann doch anders. Zum Flughafen haben sie mich dann heute auch noch überraschend gebracht und ich glaube die Kinder haben so ganz langsam verstanden, dass sie mit mir auch gerne Englisch üben können. Mal schauen, was das neue Jahr da so bringt. In jedem Fall bin ich nach zehn Wochen (!) überzeugt, mit meine Gastfamilie den totalen Glücksgriff gemacht zu haben :] Ich fühle mich sehr heimisch dort.

So. Mein Boarding fängt gleich an und das war jetzt nur die Antwort auf deine eine Mail. Ich hoffe, dass ich in Sapporo auch ein bisschen Zeit finde, um abzuschalten und vielleicht mal durch die vielen Bilder zu schauen, die sich angesammelt haben auf meinem Handy und die ich oft mit einer ganz bestimmten Person zu Hause im Hinterkopf geschossen habe. Dementsprechend drängen diese Bilder an die Öffentlichkeit. Sie wollen gesehen werden!
Themen sind unter anderem: Japanische Burgen, Rainbow Pride Parade Fukuoka, Kanada in Fukuoka, interessante Einkaufsfunde, Lichterfestivals, Erbauung großer Holzbuddhas, japanische Gärten, Socken, Hochzeitsgeschenke, Lacrosse, Wolle, Gummibärchen, Türen und Dampfnudeln. Gibt es Präferenzen im werten Publikum?

Liebe Grüße vom 福岡空港

Claudia

P.S.: Das mit dem Skypen letzte Woche tut mir total Leid >.< Andreas und ich haben uns vorgenommen, dass es ein nächstes Mal geben wird und das nächstes Mal besser wird :] やくそく!

Oh Tannebaum, oh Tannebaum

Heute mal brandaktuell und vom Smartphone. Ich sitze im Bahnhof Shinagawa in Tokyo und warte auf meine Freundin Sayako, die um kurz nach 8 Uhr mit dem Shinkansen aus Nagoya angerauscht kommt. Folgendes ist der aktuelle Blick auf die Lage:
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Aktuelle Highlights:
Erstens: Der windschiefe Weihnachtsbaum im ersten Bild, der diese trostlose Stimmung, die m.M. auf allen Bahnhöfen herrscht, so gut raus bringt. Die Weihnachtsdeko hier ist manchmal einfach schräg.
Zweitens: Die heiße Bio-Schokolade im Bildvordergrund, die durch ihre fehlende Überzuckerung überzeugt. Ein Traum ohne zurück bleibenden Bodensatz für knapp 3€.
Drittens: Sayako wieder sehen und morgen mit ihr zum Lacrosse gehen. Hab ich keine Ahnung von aber das hat ja beim Baseball auch gut funktioniert. Da war übrigens neulich eine der beiden möglichen Weltmeisterturniere. Wenn es eine Sache gibt, die am Baseball nicht raffe, ist es die Art wie die ihre Turniere organisieren. Jedenfalls ist Japan im Halbfinale gegen Korea rausgeflogen und dann dritter geworden. Mexiko wurde regelrecht pulverisiert in dem Spiel. Ihr seht: Ein sportliches Highlight jagt das nächste. Vielleicht gibts ja dann bald meinen nächsten Einsatz als Sportreporter hier. Bleibt dran!
Eure Claudia

P.S.: Wer Weltmeister geworden ist? Kein Plan. Ich glaub Korea. Hat dann aber auch einfach niiiiiiiemanden mehr interessiert nachdem die Samurai Japan raus waren 😀

1. Advent

Hallo zusammen,

Einen fröhlichen ersten Adventssonntag wünsche ich euch allen :]
Mein Schreibtisch sieht zur Zeit so aus:

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Ich gebe zu, das Bild ist von gestern, denn heute (Sonntag) bin ich von früh bis spät mit Claudia in Kumamoto.
Keine Sorge, ich habe keine weitere Persönlichkeit entwickelt. Claudia kommt aus der Schweiz und lernt Japanisch (Überraschung…). Sie ist meine Klassenkameradin, was regelmäßig zu verwirrten Lehrern und lustigen Szenen im Unterricht führt – „Claudia, lies bitte das Beispiel vor.“ – „Welche von uns?“ – „Äh – die rote!“
Es ist sehr schwierig, den Leckereien zu wiederstehen, die ihr mir lieberweise habt zukommen lassen. Danke!! Ich hab mich so gefreut, als das Päckchen am Dienstagabend da so im Wohnzimmer stand und rief „öffne mich, öffne mich!“. Die Nussküsschen und Butterplätzchen stehen auch bei meiner Gastfamilie hoch im Kurs 😀
Daneben seht ihr die englische und die japanische Ausgabe von Harry Potter und der Stein der Weisen, was meine neuestes „Ich lerne Japanisch auch außerhalb der Schule“-Projekt ist, hinter der Plätzchentüte ist die Uhr mit deutscher Zeit erahnbar und daneben: Meine Adventskalender :DDD Plural unso.
Ich habe von der Sam eine süße Karte mit Nikoläusen (?) bekommen und bin schon ganz gespannt, was sich dahinter so verbergen wird und außerdem zusammen mit den Weihnachtsleckereien eine Briefsammlung von meinem Mann. Super, oder? Ich freue mich schon auf Dienstag 😀

Insgesamt kommt hier mittlerweile Weihnachtsstimmung auf: Die Temperaturen sind diese Woche auf lausige, widerliche, arktische 7-12°C gefallen. Es ist unglaublich. Es ist ein skandalös. Es ist kalt. Bah.
Nach einem sonnig-warmen Oktober und einem angenehm gemütlichen November bin ich wettertechnisch verwöhnt und verdorben und bibbere tapfer mit den anderen mit. Praktisch veranlagt wie ich bin waren in den letzten Tagen meine beiden größten Errungenschaften, herauszufinden, wie die Klimaanlagen in der Schule und bei mir zu Hause funktionieren. Jetzt kann ich alles schön warm machen^^
Die Japaner haben außerdem einen Faible für Weihnachtsbeleuchtung. Hier leuchtet alles. Die Bäume werden am Stamm und in den Ästen beleuchtet und nicht wie bei uns in der Krone. Das sieht zwar sehr hübsch aus, ist aber zumindest am Bahnhof Hakata zusammen mit der Decken-, Ballustraden-, Busch-, Weihnachtsmarkt- und Hängebeleuchtung einfach etwas… viel.

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So alleine im Park ist es aber doch ganz hübsch, nicht wahr?
Mit vorweihnachtliche Grüßen,

Claudia

Feiertag: Tag der Kultur

Feiertage begehen die Japaner wie bereits an anderer Stelle erwähnt viel und gerne. Klangvolle Namen sind dabei Standard: Am 3. November war der „Tag der Kultur“. Die Schule hat aufgrund des Unterrichtsausfalls auch wieder einen Ausflug organisiert: Stadtfest in Karatsu.

Bei diesem Ausflug ist einiges zusammen gekommen, was den Großteil der Schülerschaft dann doch verstimmt hat: Der Guide kam eine halbe Stunde zu spät, hatte offensichtlich keine Ahnung von der Route und dem Zeitplan geschweigedenn Erfahrung im Führen von Gruppen. Statt von seinen beiden Helferinnen Gebrauch zu machen und uns in Kleingruppen aufzuteilen, hat er lieber versucht 30 Leute am Stück über das Fest zu ziehen. Funktioniert natürlich bei so einer großen Gruppe nicht, ständig mussten wir warten, hatten Leute verloren oder sonst irgendwas. Als sich dann herausstellte, dass das kostenlose Mittagessen aus 500Yen zur freien Verfügung bestand, was auf so einem Fest nicht einmal ein ganzer Spieß ist, haben sich einige Schüler schlichtweg entnervt abgesetzt.

Die Geduld meiner und anderer Personen wurde mit fachkundigen Erklärungen von Hashimoto-san belohnt, der uns erläutert hat, welche Bedeutungen diese bunten Festumzugswägen eigentlich haben, die da durch die Gegend geschoben werden. Es ist nämlich so, dass jeder Stadtteil seinen eigenen Wagen baut. Aus Papier, Wasser und Lackfarbe. Die Symbole stehen dabei natürlich wahlweise für den Wohlstand, die Schönheit, das Glück der Gegend.

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Der Fisch im zweiten Bild Mitte rechts ist wohl besonders bei Kindern beliebt und soll Glück bringen. Ich habe mehrere kleine Kinder mit Mützen in dieser Fischform gesehen. Mit Flossen und allem. Meganiedlich 😀

Zum Schluss noch ein Eindruck von der langen Straße, die zum Schrein führt. An diesem schmalen Weg entlang reihen sich Fressbuden und Souvenirläden; das Ganze ist durchaus mit einer Kirmes in Deutschland vergleichbar :] Nachdem wir uns zurück zum Bahnhof gekämpft haben, gabs abends dann u.a. noch Rakugo. Alles in allem ein interessanter wenn auch streckenweise anstrengender weil unorganisierter Tag.

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