Garten, die Zweite

お兄ちゃん、
お母さん、 (<-- Das bist du, Mama^^) Letztes Wochenende waren おじいさん (Odschiisan - Oppa)、おばあさん (Obaasan - Omma) und チョコ (Tschoko) zu Besuch. チョコ seht ihr auf dem Foto auf der Couch sitzend: IMG_20151018_171549

おばあさん (Obaasan – Die Oma) sitzt im Hintergrund und bügelt, im Vordergrund versucht die Älteste ein Foto von dem Hund zu bekommen, auf dem er auch in die Kamera guckt. Mit mäßigem Erfolg, wie man sieht. Vom Opa habe ich kein Foto, aber dafür Fotos von seinem Wirken.

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Oppa hat innerhalb von zwei Tagen mal eben den kompletten Garten … wie sagt man das jetzt? Er ist über ihn hinweggefegt, wie ein ordnender Taifun. Ehrlich gesagt, finde ich, er hätte ruhig ein bisschen mehr stehen lassen können, aber ordentlich sieht es jetzt allemal aus. Kommt dazu, dass es Paprika und Kiwis zu ernten gab. Und zwar in recht beachtlichen Mengen.

@お兄ちゃん: Mach dir nicht zu viele Gedanken deswegen und schlürf trotzdem weiter in Ruhe deinen Tee. Dein Garten ist mindestens zehn Mal so groß, wie das Handtuch hier. Außerdem ist おじいさん oldschool. Der lässt auch die Tür von der Toilette auf, wenn er da steht und pinkelt. Also nicht zwingend ein Vorbild. Ich konnte damit leben, als die beiden wieder nach Hause gefahren sind^^

Bezüglich des Hundes gabs dann noch eine lustige Szene in der Schule, als die Lehrerin fragte, was wir am Wochenende gemacht hätten. Ich erwähnte, dass チョコ zu Besuch war, ein ダクスフンド. „Dakusuhundo“, also „Dachshund“ wird der Dackel hier liebevoll genannt. Nur das niemand weiß, dass das Dachshund heißt. Also tatsächlich ein deutsches Wort mit einer entsprechenden Bedeutung ist. Meine Lehrerin war völlig fertig, als ich ihr das erzählt habe und hat dann nur gefragt, warum in Deutschland Dachse gejagt würden. Nachdem wir 10 Minuten gebraucht haben, um zu klären, was überhaupt ein Dachs ist xD War sehr witzig.

Und nun das neueste vom Spocht

Alternativtitel: Japaner in Ekstase.

Also folgendes: Dortmund spielt das letzte Spiel der Saison. Das Heimspiel gegen den FCB entscheidet über Meistertitel oder nicht Meistertitel. In einer Kommunikationszentrale am Niedersachsenweg beten zwei Herren mittleren Alters genervt und fieberhaft für eine Niederlage. Der Rest der Stadt ist im totalen Ausnahmezustand. Überall schwarz-gelbe Flaggen, schwarz-gelb gekleidete Menschen, Kneipen, die Rudelgucken anbieten. Der Friedensplatz muss zwei Stunden vor Anpfiff wegen Überfüllung geschlossen werden. Angespannte Stimmung macht sich breit. FCB-Fans übernehmen den alten Markt, in der Innenstadt wabern immer wieder Fetzen von Fangesängen durch die Straßen.
Anpfiff!

Abpfiff!
Dortmund gewinnt überlegen! Wir sind Meister!!!!!!!!!!! Die Innenstadt befindet sich die gesamte Nacht im Ausnahmezustand. Autokorso, Fangesänge, Bierduschen für die FCB-Fans, Bierduschen für die BVB-Fans, Bierdusche für alle!
Die Herren vom Niedersachsenweg brauchen jetzt Kekse. Viele Kekse.
Am nächsten Mittag: Siegerkorso – Um den Borsigplatz, durch die Innenstadt – Feuerwehr, THW (inkl. der Herren mit den Keksen^^), Sanitätsdienste, Polizei, Fans, Mannschaft – alle sind auf den Beinen. Viele der Anwesenden haben erst gar nicht geschlafen.
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! *jubelkreisch*



Ihr habt das Bild vor Augen, ja?
Gut.
Letzten Freitag habe ich nämlich das japanische Äquivalent zu genau diesem Szenario in Fukuoka erlebt. Das Fazit: Die beiden Herren mittleren Alters, die oben erwähnt worden sind, sollten nach Japan ziehen. Dann hätten sie eine Sorge weniger ._.
Statt um Fußball geht es hier um Baseball. Statt Dortmund gegen den FCB spielen die Fukuoka Softbank Hawks (In Gelb, weiß und schwarz^^) gegen die Chiba Lotte Marines (schwarz). Meine Gastvater hat Karten und zusammen mit Oppa, Vattern und dem Kurzen mache ich mich auf den Weg zum Stadion.

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Soweit, so vertraut.
Vattern hat mir schon vor Tagen erklärt, dass es DAS Spiel der Saison ist, die Hawks haben die Möglichkeit den zweiten Titel in der Saison zu holen. Die Tage vorher habe ich persönlich in den Teilen der Stadt, in denen ich immer so rumlaufe, nicht so viel davon mitbekommen.
Auf dem Weg zum Stadion gibt es natürlich jede Menge Leute, die auch hingehen, denn der Fukuoka Dome fasst knapp 40000 Personen bei Baseballspielen. Fangesänge höre ich bisher nicht.

Vattern hat auf dem Weg noch Wacker Stärkung besorgt. Für jeden ein Obento. Also Reis, Fleisch, Fisch, Gemüse, nett angerichtet und gewärmt von der Imbissbude um die Ecke. Stellt euch vor ihr geht ins Stadion und nehmt für jeden Anwesenden eine SchniPo-Schlemmerplatte mit.

Als das Spiel beginnt, sind nicht alle Ränge besetzt (Es gibt ausschließlich Sitzplätze, wenn die beiden Hardcorefankurven ihre Gesänge loslassen, wird aber zumindest dort aufgestanden – Der Rest feuert im Sitzen an – Vorzugsweise nicht mit der eigenen Stimme sondern so Plastikröhren, die man aneinander schlägt), wir packen das Obento aus, wünschen guten Appetit und fangen an zu schlemmen. Die ersten beiden Innings verlaufen ziemlich ruhig. Da beim Baseball immer eine Mannschaft angreift und Punkte machen kann und die anderen verteidigt, ist das Spiel irgendwie… geordneter und ruhiger als so ein Fußballspiel. Das unterstreicht die Familienpicknickstimmung, die für die ersten 2 Innings (ca. 40 Minuten) herrscht. 9 Innings werden insgesamt gespielt, da der Verlauf vom Spielgeschehen abhängt und nicht von der Uhr, ist die Gesamtdauer nicht festgelegt. Vattern geht so vom 3 1/2 Stunden aus. W00t? Okay. Ich hab ja keine Ahnung…

An dieser Stelle ein ganz herzlicher Dank an Ingo von den Dortmund Wanderers – Ja, Dortmund hat ein Baseballteam 😀 Der Ingo hat mir nämlich einen Freitagabend als ich da ein T-Shirt für meinen Gastvater kaufen wollte, mal die grundlegenden Regeln erklärt. Und ganz ehrlich: Ohne die Erklärung hätte ich nur halb so viel Spaß gehabt, weil ich nicht mal die Hälfte vom Spielgeschehen verstanden hätte. Es ist nicht so, dass Baseball übermäßig kompliziert sei, aber die Grundregeln sollte man doch einmal gerafft haben, bevor man sich das anguckt. Das hilft.

Zurück zum Spiel: In der zweiten Hälfte des dritten Innings schlägt Lee Dae-Ho (Wenn der auf’s Feld kommt, wird der Beginn von Harry Belafontes Banana Song gespielt: Daaaaae-yo – Das finde ich witzig^^) einen Homerun. Ekstase, erster Teil! Die Ränge flippen vollkommen aus, alle springen (!) von ihren Sitzen auf, wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Bierdusche für… Ach ne, Falsch. Sorry.
Also. Ekstase: Alle springen von ihren sitzen auf, rufen vor Freude, wildfremde Menschen geben sich High-Five und schlagen ihre Lärm-Röhren aneinander. Fukuoka liegt jetzt 3:0 vorne. Alle setzen sich wieder, es geht schließlich weiter. Ich freu mich natürlich auch mit, ein Homerun ist einfach zu erkennen und alle freuen sich sehr, inklusive mir.
Chiba macht im vierten Inning einen Punkt zur Ehrenrettung, die Chibafans, die in den beiden Blöcken neben unserem streng getrennt vom Rest der Welt sitzen, haben am Anfang ziemlich Alarm gemacht und ihre einzelnen Spieler ausgerufen etc. Alles sehr beeindruckend. Ab dem sechsten Inning werden sie allerdings ruhiger.

Da Chiba als Gast immer zuerst versuchen darf, Punkte zu machen, muss nur die erste Hälfte des neunten und letzten Innings gespielt werden. In dem Moment, als der Werfer von Fukuoka den entscheidenden Ball spielt und Chiba raus ist, ist klar, dass die Hawks gewonnen haben.
Der Ekstase 2. Teil.
Sieht ziemlich ähnlich zum ersten aus. Unten auf dem Feld sind die Spieler etwas ausgelassener, denn die laufen auf’s Feld und bejubeln den Werfer, der das entscheidende Out erspielt hat.

Alle freuen sich fürchterlich, aber mir kommt das Ganze immer noch sehr gesetzt vor. Ich habe das Gefühl, dass die Fans völlig aus sich rausgehen, aber mit dem Jubel, den ich von Hause kenne, hat das wenig zu tun. Nach kurzer Freude setzen sich alle wieder hin und warten auf die Siegerehrung. Still. Es gibt einen Blockabschnitt, in dem die Stimmungsmacher von Fukuoka sitzen, da ist etwas mehr los. Bei uns eher gelöste Zufriedenheit.
Bei der Siegerehrung wird eine gerahmte Fahne übergeben, auf der das Datum und der Titel eingestickt ist. Die Spiele bekommen das Ding jetzt aber nicht in die Hand, um es in den Himmel zu recken oder so, sondern zwei freundliche Damen aus den Reihen der Cheerleader tragen das Ganze vor den Spielern einmal durchs Stadion. Die komplette Symbolik ist anders als ich es kenne.

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Nach weiteren 30 Minuten ist alles vorbei. Wir verlassen das Stadion (Draußen: Keine Gesänge). Ich fühle mich fröhlich, aber nicht ekstatisch. Das Gefühl, dass der Gewinn eines Meistertitels im Fußball bei mir hinterlässt ist signifikant anders. Als wir zurück zum Auto laufen, habe ich den Eindruck, soeben eine wichtige Erfahrung bzgl. des Unterschiedes zwischen deutscher und japanischer Kultur gemacht zu haben. Die Zügellosigkeit, die ich von zu Hause kenne, scheint hier undenkbar. Die Freude ist da, aber sie ist nicht so ungehemmt, sondern ruhiger, geordneter – erinnert mehr an Zufriedenheit als an Ektase. Autokorso stehen außer Frage. Das Picknick ist vorbei, Fukuoka ist Meister.
Wir fahren nach Hause.
Und damit zurück ins Studio nach Hamburg.

Japanische Gärten

Liebe Mama,

Auf deine Frage nach den stets mit bedacht angelegten und minutiös gepflegten japanischen Gärten, schicke ich dir drei Ansichten längs des Gartens meiner Gastfamilie, aufgenommen von meinem Balkon aus.

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Wie du siehst, hält das Klischee der Überprüfung nur bedingt statt. Ich reiche dir bei Gelegenheit gerne Fotos von hübschen japanischen Parkanlagen nach, aber natürlich ist nicht jeder Japaner dem Gartenbau mit Leib und Seele verpflichtet, zumal die Gärten wie man sieht auch recht kompakt sind. Als Aufenthaltsort kommen sie, so wie ich das verstanden habe, auch nicht wirklich in Frage, die Gartennutzungskultur unterscheidet sich also doch in einigen grundlegenden Punkten. Sollte ich dazu an einem Punkt meines Aufenthaltes noch mehr erfahren, werde ich dir natürlich gerne berichten.

Erste Entzugserscheinungen

Liebster aller Männer,

Gestern hatte zum ersten Mal ernste Entzugserscheinungen. Nachdem ich den dritten Tag in Folge die gleiche Suppe/gekochter-Reis-Mischung zum Frühstück hatte, brauchte ich endgültig BROT. Es war ein bisschen zombiemäßig. Glücklicherweise hat eine meiner Mitschülerin, die schon einige Zeit hier ist, mir just den Tag davor eine Bäckerei im Bahnhofsgebäude empfohlen. Und tatsächlich, dort gibt es „Meisterbaguette“. Das heißt so. Auf Deutsch! Und es hat eine KRUSTE!! Ja, das ist was besonderes^^ Es war sehr gut und hat auch bei anderen (auch nicht-deutschen) Schülern schwere Begeisterung ausgelöst. Krise abgewendet – Große Glückseligkeit :]
Meine Familie hat im übrigen wirklich keinen Ofen. Ich kann also weder Brot backen, noch Kekse, noch Kuchen, noch IRGENDWAS. Ich denke, ich werde mich zu gegebener Zeit mal auf die Suche nach einem Rezept für Pfannenpizza machen. Ich hab auch noch keine Ahnung, ob ich hier an Hefe komme…
Mein Unterricht schreitet voran und ich finde mich so langsam in den Rhythmus ein. Es gibt jeden Tag ein oder zwei kurze Tests: 10 Vokabeln werden jeden Tag abgefragt, heute kam z.B. noch ein Grammatiktest dazu. Wir mussten für alle Wortarten die normale Form und Verneinung in Präsens und Vergangenheit angeben. Außerdem teilt sich jeder Tag in zwei Blocks: Es gibt die „4S“-Stunden, in denen die vier Fertigkeiten Schreiben, Lesen, Sprechen und Hören („4 Skills“, daher der Name) mit verschiedenen Übungen geschult werden. Daneben gibt es „G“ wie „Grammatik“. In diesen Blocks werden ein bis zwei neue grammatische Konstruktionen eingeführt, die dann im 4S-Block wiederholt, genutzt und vertieft werden. Oft kommen wir in unserer kleinen 3-Mann-Klasse auch ein bisschen vom Thema ab und reden über alles mögliche. Meistens in japanisch, manchmal müssen wir auf Englisch ausweichen. Da wir eine englische Muttersprachlerin haben, passiert das öfter als unseren Lehrern lieb sein kann.
Von denen haben wir normalerweise nur einen pro Tag. Dafür aber jeden Tag ein anderer. Meistens. Naja, wir bekommen auch jede Woche einen neuen Stundenplan für die kommende Woche. Also kann es sein, dass ich diese Woche immer vormittags hatte aber nächste Woche auch mal Nachmittagsunterricht und dann bei völlig anderen Lehrern. Bevor ich wieder nach Hause fahre, kenne ich wahrscheinlich jeden einzelnen hier xD
Wenn alles gut geht, fange ich übernächste Woche mit dem zweiten Buch von „Genki“ an. Dann dauert es ca. drei Monate, bis wir das durchhaben und dann fängt der Level an, auf dem ich später den Test ablegen will. Meine Motivation ist ungebrochen, gestern habe ich eine Extraklasse „Japanisch lernen mit Manga“ besucht und heute Abend gibt es einen Film. Eine Komödie, in der ein Mann durch einen Anzug plötzlich megagutaussehend wird. Mal schauen, ob ich die ganzen Klischees überlebe. Ich werde berichten 😀
Hast du dich schon für einen Japanischkurs angemeldet^^?

Oh, der Film fängt an!

Ich hoffe dein Kuchen hat allen auf der Arbeit geschmeckt!!

Deine Claudia