Sapporo – Dortmund, 20 Stunden

Da habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich in Sapporo am Flughafen (Shinchitose) angekommen bin. Für einen Moment habe ich überlegt, ob es wohl eine Direktverbindung Dortmund – Sapporo gibt – man weiß ja nie. Warum ich darauf gekommen bin?

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Naja, wenn man eine Fluglinie sieht, die „Air Do“ heißt, dann kann man als Dortmunder schonmal auf die Idee kommen, dass das was mit der Heimat zu tun hat. Tatsächlich ist die Linie hier im Norden Japans ansässig, wie sich dem Wikipedia-Artikel entnehmen lässt. Sapporo unterhält im übrigen seit den Olympischen Spielen 1972 eine Städtepartnerschaft mit München, da hier die Winterspiele in jenem Jahr ausgetragen wurden. Der Reiseführer verspricht dementsprechend einen Münchner Weihnachtsmarkt (Ist der Münchner Weihnachtsmarkt anders als andere deutsche Weihnachtsmärkte?) und stets einen deutschen Mitarbeiter an der zentralen Touristeninformation in der Stadt. Mal schauen, ob wir davon was bemerken können.^^

Während ich dann auf Andreas gewartet habe, ist mir auch am Flughafen wieder Weihnachtsdeko entgegengekommen. Mein persönliches Highlight diesmal: Der Weihnachtsbaum aus Weihnachtssternen rechts im Bild:

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Im Zug vom Flughafen nach Sapporo selbst fiel mir noch die Maiglöckchenwandgestaltung auf, die mich sehr an die Erdbeertapete meines Onkels hat denken lassen 😀

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Der besinnliche Moment kam tatsächlich dann noch auf dem Linienplan, abseits der streitbaren Weihnachtsdeko:

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Ja, das ist ein Ausschnitt aus dem Zuglinienplan rund um Sapporo. Der Bahnhof 平和 (へいわ heewa) liegt neben Shin-Sapporo (das ein Halt auf der pinken Linie, die unten im Bild eingezeichnet ist) und hat mich stutzen lassen, denn 平和 bedeutet mit den gleichen Kanji auf japanisch „Frieden“ – In Hiroshima gibt es z.B. einen Friedenspark – 平和公園, der dem Gedenken an den Atombombenabwurf von 1945 gewidmet ist.
„Nächster Halt: Frieden“ – das ist doch mal wahrhaft weihnachtlich, findet ihr nicht?

Oh Tannebaum, oh Tannebaum

Heute mal brandaktuell und vom Smartphone. Ich sitze im Bahnhof Shinagawa in Tokyo und warte auf meine Freundin Sayako, die um kurz nach 8 Uhr mit dem Shinkansen aus Nagoya angerauscht kommt. Folgendes ist der aktuelle Blick auf die Lage:
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Aktuelle Highlights:
Erstens: Der windschiefe Weihnachtsbaum im ersten Bild, der diese trostlose Stimmung, die m.M. auf allen Bahnhöfen herrscht, so gut raus bringt. Die Weihnachtsdeko hier ist manchmal einfach schräg.
Zweitens: Die heiße Bio-Schokolade im Bildvordergrund, die durch ihre fehlende Überzuckerung überzeugt. Ein Traum ohne zurück bleibenden Bodensatz für knapp 3€.
Drittens: Sayako wieder sehen und morgen mit ihr zum Lacrosse gehen. Hab ich keine Ahnung von aber das hat ja beim Baseball auch gut funktioniert. Da war übrigens neulich eine der beiden möglichen Weltmeisterturniere. Wenn es eine Sache gibt, die am Baseball nicht raffe, ist es die Art wie die ihre Turniere organisieren. Jedenfalls ist Japan im Halbfinale gegen Korea rausgeflogen und dann dritter geworden. Mexiko wurde regelrecht pulverisiert in dem Spiel. Ihr seht: Ein sportliches Highlight jagt das nächste. Vielleicht gibts ja dann bald meinen nächsten Einsatz als Sportreporter hier. Bleibt dran!
Eure Claudia

P.S.: Wer Weltmeister geworden ist? Kein Plan. Ich glaub Korea. Hat dann aber auch einfach niiiiiiiemanden mehr interessiert nachdem die Samurai Japan raus waren 😀

Feiertag: Tag der Kultur

Feiertage begehen die Japaner wie bereits an anderer Stelle erwähnt viel und gerne. Klangvolle Namen sind dabei Standard: Am 3. November war der „Tag der Kultur“. Die Schule hat aufgrund des Unterrichtsausfalls auch wieder einen Ausflug organisiert: Stadtfest in Karatsu.

Bei diesem Ausflug ist einiges zusammen gekommen, was den Großteil der Schülerschaft dann doch verstimmt hat: Der Guide kam eine halbe Stunde zu spät, hatte offensichtlich keine Ahnung von der Route und dem Zeitplan geschweigedenn Erfahrung im Führen von Gruppen. Statt von seinen beiden Helferinnen Gebrauch zu machen und uns in Kleingruppen aufzuteilen, hat er lieber versucht 30 Leute am Stück über das Fest zu ziehen. Funktioniert natürlich bei so einer großen Gruppe nicht, ständig mussten wir warten, hatten Leute verloren oder sonst irgendwas. Als sich dann herausstellte, dass das kostenlose Mittagessen aus 500Yen zur freien Verfügung bestand, was auf so einem Fest nicht einmal ein ganzer Spieß ist, haben sich einige Schüler schlichtweg entnervt abgesetzt.

Die Geduld meiner und anderer Personen wurde mit fachkundigen Erklärungen von Hashimoto-san belohnt, der uns erläutert hat, welche Bedeutungen diese bunten Festumzugswägen eigentlich haben, die da durch die Gegend geschoben werden. Es ist nämlich so, dass jeder Stadtteil seinen eigenen Wagen baut. Aus Papier, Wasser und Lackfarbe. Die Symbole stehen dabei natürlich wahlweise für den Wohlstand, die Schönheit, das Glück der Gegend.

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Der Fisch im zweiten Bild Mitte rechts ist wohl besonders bei Kindern beliebt und soll Glück bringen. Ich habe mehrere kleine Kinder mit Mützen in dieser Fischform gesehen. Mit Flossen und allem. Meganiedlich 😀

Zum Schluss noch ein Eindruck von der langen Straße, die zum Schrein führt. An diesem schmalen Weg entlang reihen sich Fressbuden und Souvenirläden; das Ganze ist durchaus mit einer Kirmes in Deutschland vergleichbar :] Nachdem wir uns zurück zum Bahnhof gekämpft haben, gabs abends dann u.a. noch Rakugo. Alles in allem ein interessanter wenn auch streckenweise anstrengender weil unorganisierter Tag.

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Schreinbesuch Hakozaki

Lieber 兄,

Du hattest ja neulich mal nach Avispa Fukuoka gefragt. Ein Spiel von denen habe ich zwar immer noch nicht gesehen, aber „begegnet“ bin ich ihnen kurz nach deiner Anfrage doch: Im Hakozaki-Schrein. Das ist mithin der älteste Schrein auf Kyushu oder in Japan oder wasweißich und wie in jedem ordentlichen Schrein können Gläubige dort kleine Holztafeln erstehen, um ihre Wünsche zu notieren. Diese sind ja in der Regel recht mundan und reichen von „Lass mich die große Liebe finden“ bis zu „Ich möchte meinen Führerscheintest bestehen“. Die Holztafeln hängen öffentlich aus, es kann also jeder nachlesen; das ist recht interessant und durchaus nicht unüblich.
Sportvereine machen offensichtlich auch keine Ausnahme in dieser Praxis und bitten am Anfang der Saison standesgemäß um gute Ergebnisse. Das ist dann ETWAS größer als die Standardholztafel und sieht so aus:

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Die anderen „Großen“ haben sich selbstverständlich auch nicht lumpen lassen

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Als wir den Schrein besucht haben, lief auch noch 七五三 (Shichi-go-san = Sieben-fünf-drei) auf Hochtouren. Da besuchen drei- und fünfjährige Mädchen, sowie sieben- und fünfjährige Jungs den Schrein und beten. Alle in Kimonos. Zum knuddeln niedlich. Aus irgendeinem Grund habe ich vergessen, von den kurzen Fotos zu machen… Auch kleine Kinder haben schließlich bereits Persönlichkeitsrechte^^ Dafür habe ich deinem Sohn aber einen zum Geburtsjahr passenden Glückbringer gekauft. Sollte ich jemals vor ihm sitzen, anstarren und sagen „Du bist ein Pferd, du bist ein Pferd, du bist ein Pferd, bei Osiris und bei Isis du bist ein Pferd…“, kann niemand behaupten, ich würde lügen^^

Im Anschluss an den Schreinbesuch dann noch der Einwurf zum Thema Garten, das ja hier im Blog beliebt ist: In unmittelbarer Nachbarschaft zum Schrein gibt es einen kleinen botanischen Garten, in dem man für 100 Yen spazieren und entspannen kann, sowie lauter neue Pflanzen und ihre Namen lernen kann. Neben der Kasse gab es auch einen Tisch, auf dem Blumenzwiebeln zum kostenlosen mitnehmen standen. In einem Anfall von Selbsterkenntnis habe ich darauf verzichtet. Man muss die armen Dinger ja nicht unnötig zu einem elenden Ende verurteilen….

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Keksä!

Seit ich mal im Oktober mit Bekannten in der Stadt rumgestreunt bin, habe ich einen neuen Pulli. Nicht, dass ich nicht genug Kleidung mitgenommen hätte. Da meine Gastfamilie aus fünf Leuten besteht, wird meine Wäsche auch ziemlich kurzfristig immer wieder gewaschen – häufig auch gebügelt – ins Lager zurück gegeben, sodass diesbezüglich kein Mangel entstehen kann.
ABER
Ich habe diesen Pulli gesehen und es war einer dieser Momente. In dem man sich denkt: KAUFEN!
Das ist dann die Stimme im Kopf, die ein bisschen klingt wie das Krümelmonster aus der Sesamstraße, wenn es Kekse haben will. Dementsprechend sieht auch der Pulli aus:

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Als ich ihn dann getragen habe, habe ich schon eine Menge süßer Kommentare bekommen. Am Dienstag habe ich dem neuen Titel, der zeitweise auf meiner Brust prangt auch alle Ehre gemacht und endlich KEKSE! gebacken. Es sind schwarz-weiße Spiralkekse geworden. Wir waren zu fünft bei einer Bekannten im Apartment und haben im winzigen Mikrowellenofen immer acht Kekse auf einmal backen können. Bei 600g Mehl, 400g Butter und 200g Zucker eine etwa dreistündige Angelegenheit. Das ganze wurde auch fotografisch festgehalten 😀

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Damit wir nicht alle am Zucker-Butter-Schock sterben, haben unsere Gastgeberin und ihre Freundin auch noch „was Vernünftiges“ gekocht:

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Chicken Teriyaki, Misosuppe und Onigiri mir Mochi und einer Frucht, deren Namen ich nicht kenne, die aber sehr lecker schmeckt. Damit haben wir uns immer beschäftigt, wenn gerade eine Fure im Ofen war. Die Küche war – wir sind ja in Japan – ziemlich winzig und dementsprechend mussten wir auch mit den Auskühlmöglichkeiten improvisieren:

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Nachdem wir dann gezeigt haben, dass es noch besser schmeckt, wenn man die Kekse in Milch taucht, blieben auch nicht mehr viele übrig.

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Martin aus München musste das Foto schießen und ist deswegen leider nicht mit drauf. Ein paar Kekse vom Berg haben wir vorzeitig in Sicherheit gebracht und für meine Gastfamilie bzw. die Lehrer in der Schule beiseitegelegt. Die Sendungen sind alle heile angekommen und wir hatten einen sehr sehr lustigen Nachmittag! Nachdem ich nun also auch mal wieder gebacken habe, fühle ich mich gleich viel ausgeglichener :]

Tokyo, 1. Akt

Liebe Sam,

Letzten Montag musste ich ja Schule schwänzen, da mich der DAAD nach Tokyo einbeordert hatte. Alle Stipendiaten, die in den letzten drei Monaten ihr Stipendium angetreten haben, sollten zur DAAD-Außenstelle Tokyo kommen und dort über die Arbeit vor Ort informiert zu werden und an einer Abendveranstaltung namens „Butterbrot und Bier“ teilzunehmen.
Also habe ich mich auf den Weg gemacht. Da ich auf Kyushu von Tokyo aus gesehen am Ende der Welt wohne, wurde mir ein Flug nahegelegt und da es tatsächlich auch noch einen einzigen anderen Studenten gibt, der sich auf der Insel befindet, haben wir kurzerhand beschlossen gemeinsam die Reise anzutreten. Das war für mich sehr praktisch, da der gute Marco bereits seit September hier ist und seine japanische Tutorin gebeten hatte, ihn bei der Buchung der Tickets zu unterstützen. Nachdem ich mich am Montagmorgen also um 4:45 Uhr aus dem Bett geschält hatte, bin ich drei mal den Flughafen auf und abgelaufen, bis ich Marco endlich gefunden hatte. Dann haben wir eine Stunde am Gate geschlaf.. gewartet und dann gings los. Das Gate war in Sichtweite 15 m von uns entfernt, aber die Dame von der Airline gab uns ein massives Stück Plastik in die Hand:

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Das Bild ist leider sehr verwackelt, weil ich es im Gehen geschossen habe, aber es war einfach zu geil. Wir stehen am Eingang, die Dame sagt uns „Gate 11“ – Wir gucken, 15m weiter steht „Gate 11“ in großen, deutlich lesbaren Lettern. Sie gibt uns das Plastikteil, das ich sonst eher als massiven Hotelzimmer- oder Autobahnraststättentoilettenschlüsselanhänger kenne (Du weißt schon, diese Riesenteile, damit auch ja niemand aus Versehen den Schlüssel mitgehen lässt), wir gucken sie verwirrt an, gehen die 15m und etwa 10 Sekunden später nimmt uns ein anderer Mitarbeiter das Ding dort wieder ab!!
Wenn man für sein Gate den halben Flughafen runter laufen muss, einen Shuttlebus benötigt oder sonst welche irren Wege bewältigen muss, ist das eine clevere Sache, aber in dem Fall war es irgendwie lächerlich niedlich.

Der Flug verlief abgesehen von einem Flugbegleiter, dessen Englisch man nicht verstanden hat (Selbst über sein „Thank you“ musste ich 5 Sekunden lang nachdenken, bevor ich es verstanden hab), ruhig und angenehm. Konnte Schlaf nachholen^^

In Tokyo-Narita ist man offensichtlich bereits vollständig im Olympiafieber: Alle Gehwege zwischen den Terminals sehen aus, wie Leichtathletik-Laufbahnen und sind auch aus dem entsprechenden Tartanmaterial:

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Marco studiert zwar Asienwissenschaften, Japanisch hat er aber auch erst seit zwei Jahren, also hat wer mit der Zugangestellten geredet? Ich, natürlich xD Nachdem wir es dann geschafft hatten, ein passendes Zugticket zu erhaschen, hat er mir dafür dann aber die Grundlagen der koreanischen Schrift beigebracht. Wuha 😀
Die ist viel einfacher, weil sie eher so aufgebaut ist wie unsere und die Kanji gar nicht so oft verwendet werden. Auch eine Möglichkeit, seine Zugfahrtzeit von 40 Minuten sinnvoll zu nutzen.
Nach dem Zug kam die U-Bahn. Hast du schonmal die Tokyoter U-Bahn gesehen? Ich glaube, nur お兄さん hatte bereits das Vergnügen. Für dich, Sam, und alle anderen, habe ich ein Foto, dass die Klarheit der Streckenführung und Simplizität der Orientierung in den Stationen erahnen lässt:

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Das ist das U-Bahn-Netz von Tokyo. Die Züge und Busse sind nicht enthalten. Mir sind fast die Augen rausgefallen als ich den Plan gesehen habe und ich war SEHR froh, dass ich mir vorher eine Fahrplanauskunft aus dem Internet herunter geladen hatte. Nachdem wir uns fachmännisch im nächsten Konbini mit Mittagessen eingedeckt haben und kurz bei meinem Hotel vorbei geschaut, sind wir dann auch wohlbehalten beim DAAD angekommen.

Und soweit des Drama erster Akt – Die Anreise. Im zweiten Akt habe ich Fotos von hübschen Kimono und total abgefahrenen Origamiskulpturen für dich!

Garten, die Zweite

お兄ちゃん、
お母さん、 (<-- Das bist du, Mama^^) Letztes Wochenende waren おじいさん (Odschiisan - Oppa)、おばあさん (Obaasan - Omma) und チョコ (Tschoko) zu Besuch. チョコ seht ihr auf dem Foto auf der Couch sitzend: IMG_20151018_171549

おばあさん (Obaasan – Die Oma) sitzt im Hintergrund und bügelt, im Vordergrund versucht die Älteste ein Foto von dem Hund zu bekommen, auf dem er auch in die Kamera guckt. Mit mäßigem Erfolg, wie man sieht. Vom Opa habe ich kein Foto, aber dafür Fotos von seinem Wirken.

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Oppa hat innerhalb von zwei Tagen mal eben den kompletten Garten … wie sagt man das jetzt? Er ist über ihn hinweggefegt, wie ein ordnender Taifun. Ehrlich gesagt, finde ich, er hätte ruhig ein bisschen mehr stehen lassen können, aber ordentlich sieht es jetzt allemal aus. Kommt dazu, dass es Paprika und Kiwis zu ernten gab. Und zwar in recht beachtlichen Mengen.

@お兄ちゃん: Mach dir nicht zu viele Gedanken deswegen und schlürf trotzdem weiter in Ruhe deinen Tee. Dein Garten ist mindestens zehn Mal so groß, wie das Handtuch hier. Außerdem ist おじいさん oldschool. Der lässt auch die Tür von der Toilette auf, wenn er da steht und pinkelt. Also nicht zwingend ein Vorbild. Ich konnte damit leben, als die beiden wieder nach Hause gefahren sind^^

Bezüglich des Hundes gabs dann noch eine lustige Szene in der Schule, als die Lehrerin fragte, was wir am Wochenende gemacht hätten. Ich erwähnte, dass チョコ zu Besuch war, ein ダクスフンド. „Dakusuhundo“, also „Dachshund“ wird der Dackel hier liebevoll genannt. Nur das niemand weiß, dass das Dachshund heißt. Also tatsächlich ein deutsches Wort mit einer entsprechenden Bedeutung ist. Meine Lehrerin war völlig fertig, als ich ihr das erzählt habe und hat dann nur gefragt, warum in Deutschland Dachse gejagt würden. Nachdem wir 10 Minuten gebraucht haben, um zu klären, was überhaupt ein Dachs ist xD War sehr witzig.

Und nun das neueste vom Spocht

Alternativtitel: Japaner in Ekstase.

Also folgendes: Dortmund spielt das letzte Spiel der Saison. Das Heimspiel gegen den FCB entscheidet über Meistertitel oder nicht Meistertitel. In einer Kommunikationszentrale am Niedersachsenweg beten zwei Herren mittleren Alters genervt und fieberhaft für eine Niederlage. Der Rest der Stadt ist im totalen Ausnahmezustand. Überall schwarz-gelbe Flaggen, schwarz-gelb gekleidete Menschen, Kneipen, die Rudelgucken anbieten. Der Friedensplatz muss zwei Stunden vor Anpfiff wegen Überfüllung geschlossen werden. Angespannte Stimmung macht sich breit. FCB-Fans übernehmen den alten Markt, in der Innenstadt wabern immer wieder Fetzen von Fangesängen durch die Straßen.
Anpfiff!

Abpfiff!
Dortmund gewinnt überlegen! Wir sind Meister!!!!!!!!!!! Die Innenstadt befindet sich die gesamte Nacht im Ausnahmezustand. Autokorso, Fangesänge, Bierduschen für die FCB-Fans, Bierduschen für die BVB-Fans, Bierdusche für alle!
Die Herren vom Niedersachsenweg brauchen jetzt Kekse. Viele Kekse.
Am nächsten Mittag: Siegerkorso – Um den Borsigplatz, durch die Innenstadt – Feuerwehr, THW (inkl. der Herren mit den Keksen^^), Sanitätsdienste, Polizei, Fans, Mannschaft – alle sind auf den Beinen. Viele der Anwesenden haben erst gar nicht geschlafen.
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! *jubelkreisch*



Ihr habt das Bild vor Augen, ja?
Gut.
Letzten Freitag habe ich nämlich das japanische Äquivalent zu genau diesem Szenario in Fukuoka erlebt. Das Fazit: Die beiden Herren mittleren Alters, die oben erwähnt worden sind, sollten nach Japan ziehen. Dann hätten sie eine Sorge weniger ._.
Statt um Fußball geht es hier um Baseball. Statt Dortmund gegen den FCB spielen die Fukuoka Softbank Hawks (In Gelb, weiß und schwarz^^) gegen die Chiba Lotte Marines (schwarz). Meine Gastvater hat Karten und zusammen mit Oppa, Vattern und dem Kurzen mache ich mich auf den Weg zum Stadion.

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Soweit, so vertraut.
Vattern hat mir schon vor Tagen erklärt, dass es DAS Spiel der Saison ist, die Hawks haben die Möglichkeit den zweiten Titel in der Saison zu holen. Die Tage vorher habe ich persönlich in den Teilen der Stadt, in denen ich immer so rumlaufe, nicht so viel davon mitbekommen.
Auf dem Weg zum Stadion gibt es natürlich jede Menge Leute, die auch hingehen, denn der Fukuoka Dome fasst knapp 40000 Personen bei Baseballspielen. Fangesänge höre ich bisher nicht.

Vattern hat auf dem Weg noch Wacker Stärkung besorgt. Für jeden ein Obento. Also Reis, Fleisch, Fisch, Gemüse, nett angerichtet und gewärmt von der Imbissbude um die Ecke. Stellt euch vor ihr geht ins Stadion und nehmt für jeden Anwesenden eine SchniPo-Schlemmerplatte mit.

Als das Spiel beginnt, sind nicht alle Ränge besetzt (Es gibt ausschließlich Sitzplätze, wenn die beiden Hardcorefankurven ihre Gesänge loslassen, wird aber zumindest dort aufgestanden – Der Rest feuert im Sitzen an – Vorzugsweise nicht mit der eigenen Stimme sondern so Plastikröhren, die man aneinander schlägt), wir packen das Obento aus, wünschen guten Appetit und fangen an zu schlemmen. Die ersten beiden Innings verlaufen ziemlich ruhig. Da beim Baseball immer eine Mannschaft angreift und Punkte machen kann und die anderen verteidigt, ist das Spiel irgendwie… geordneter und ruhiger als so ein Fußballspiel. Das unterstreicht die Familienpicknickstimmung, die für die ersten 2 Innings (ca. 40 Minuten) herrscht. 9 Innings werden insgesamt gespielt, da der Verlauf vom Spielgeschehen abhängt und nicht von der Uhr, ist die Gesamtdauer nicht festgelegt. Vattern geht so vom 3 1/2 Stunden aus. W00t? Okay. Ich hab ja keine Ahnung…

An dieser Stelle ein ganz herzlicher Dank an Ingo von den Dortmund Wanderers – Ja, Dortmund hat ein Baseballteam 😀 Der Ingo hat mir nämlich einen Freitagabend als ich da ein T-Shirt für meinen Gastvater kaufen wollte, mal die grundlegenden Regeln erklärt. Und ganz ehrlich: Ohne die Erklärung hätte ich nur halb so viel Spaß gehabt, weil ich nicht mal die Hälfte vom Spielgeschehen verstanden hätte. Es ist nicht so, dass Baseball übermäßig kompliziert sei, aber die Grundregeln sollte man doch einmal gerafft haben, bevor man sich das anguckt. Das hilft.

Zurück zum Spiel: In der zweiten Hälfte des dritten Innings schlägt Lee Dae-Ho (Wenn der auf’s Feld kommt, wird der Beginn von Harry Belafontes Banana Song gespielt: Daaaaae-yo – Das finde ich witzig^^) einen Homerun. Ekstase, erster Teil! Die Ränge flippen vollkommen aus, alle springen (!) von ihren Sitzen auf, wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Bierdusche für… Ach ne, Falsch. Sorry.
Also. Ekstase: Alle springen von ihren sitzen auf, rufen vor Freude, wildfremde Menschen geben sich High-Five und schlagen ihre Lärm-Röhren aneinander. Fukuoka liegt jetzt 3:0 vorne. Alle setzen sich wieder, es geht schließlich weiter. Ich freu mich natürlich auch mit, ein Homerun ist einfach zu erkennen und alle freuen sich sehr, inklusive mir.
Chiba macht im vierten Inning einen Punkt zur Ehrenrettung, die Chibafans, die in den beiden Blöcken neben unserem streng getrennt vom Rest der Welt sitzen, haben am Anfang ziemlich Alarm gemacht und ihre einzelnen Spieler ausgerufen etc. Alles sehr beeindruckend. Ab dem sechsten Inning werden sie allerdings ruhiger.

Da Chiba als Gast immer zuerst versuchen darf, Punkte zu machen, muss nur die erste Hälfte des neunten und letzten Innings gespielt werden. In dem Moment, als der Werfer von Fukuoka den entscheidenden Ball spielt und Chiba raus ist, ist klar, dass die Hawks gewonnen haben.
Der Ekstase 2. Teil.
Sieht ziemlich ähnlich zum ersten aus. Unten auf dem Feld sind die Spieler etwas ausgelassener, denn die laufen auf’s Feld und bejubeln den Werfer, der das entscheidende Out erspielt hat.

Alle freuen sich fürchterlich, aber mir kommt das Ganze immer noch sehr gesetzt vor. Ich habe das Gefühl, dass die Fans völlig aus sich rausgehen, aber mit dem Jubel, den ich von Hause kenne, hat das wenig zu tun. Nach kurzer Freude setzen sich alle wieder hin und warten auf die Siegerehrung. Still. Es gibt einen Blockabschnitt, in dem die Stimmungsmacher von Fukuoka sitzen, da ist etwas mehr los. Bei uns eher gelöste Zufriedenheit.
Bei der Siegerehrung wird eine gerahmte Fahne übergeben, auf der das Datum und der Titel eingestickt ist. Die Spiele bekommen das Ding jetzt aber nicht in die Hand, um es in den Himmel zu recken oder so, sondern zwei freundliche Damen aus den Reihen der Cheerleader tragen das Ganze vor den Spielern einmal durchs Stadion. Die komplette Symbolik ist anders als ich es kenne.

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Nach weiteren 30 Minuten ist alles vorbei. Wir verlassen das Stadion (Draußen: Keine Gesänge). Ich fühle mich fröhlich, aber nicht ekstatisch. Das Gefühl, dass der Gewinn eines Meistertitels im Fußball bei mir hinterlässt ist signifikant anders. Als wir zurück zum Auto laufen, habe ich den Eindruck, soeben eine wichtige Erfahrung bzgl. des Unterschiedes zwischen deutscher und japanischer Kultur gemacht zu haben. Die Zügellosigkeit, die ich von zu Hause kenne, scheint hier undenkbar. Die Freude ist da, aber sie ist nicht so ungehemmt, sondern ruhiger, geordneter – erinnert mehr an Zufriedenheit als an Ektase. Autokorso stehen außer Frage. Das Picknick ist vorbei, Fukuoka ist Meister.
Wir fahren nach Hause.
Und damit zurück ins Studio nach Hamburg.

Feuer! Katastrophe!

Liebe Kathrin,

Ich habe einen ersten Blick auf japanische BOS erhascht^^ Auf dem Weg zum Baseball kamen wir an einer Feuerwache vorbei:

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Mehr als das Foto hab ich noch nicht, aber natürlich hab ich direkt erklärt, dass die Feuerwehr bei uns nicht nur gegen Feuer, sondern auch bei Überschwemmungen, Sturm und ähnlichem ausrückt. Zwei Tage später habe ich dann bei einer Abendveranstaltung auch Powermoons gesehen. Mal schauen, ob ich mehr rausfinden kann zu der Struktur hier in Zukunft.