Gastfamilie

Auf mehrfachen Wunsch verschiedener Leute kommt heute endlich die Vorstellung meiner Gastfamilie :] Bei GenkiJACS hat man fünf Möglichkeiten unterzukommen.
1. Wohnheim
2. Gastfamilie
3. WG
4. Einzelapartment
5. Selbst organisiert
Die Nummern 1.-4. werden von GenkiJACS organisiert und dementsprechend auch über die Schule abgerechnet. Ich wollte von Anfang an in eine Gastfamilie, um den japanischen Alltag kennen zu lernen. Meiner Erfahrung zu Hause nach lernt man einfach *mehr* und auch andere Dinge, wenn man mit Einheimischen unterwegs ist. Ich war natürlich sehr nervös, gleich für neun Monate bei fremden Menschen einzuziehen 😀 Zum Glück hat sich herausgestellt, dass ich sehr liebe, lustige und offene Leute abbekommen habe, die viel Geduld haben, vieles erklären und sich für viele Dinge interessieren.
Die Usukis.

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Mama Akiko (お母さん – Okaasan) wünscht auf dem obigen Bild Liebe und Frieden, während Papa Tsuyoshi (お父さん – Otoosan) rechts davon fleißig am Grillgut vernichten ist. Okaasan ist Arztassistentin, hat vorher in einer Bank gearbeitet und irgendwann nebenbei eine Ausbildung zur (japanischen) Gebärdensprachlehrerin und eine zur Teezeremoniemeisterin und -lehrerin gemacht. Sie ist ständig (!) unterwegs, um Kinder hin-, her-, weg-, heim-, vor- und zurück zu bringen oder eben zu arbeiten. Außerdem lacht sie viel und erklärt alles geduldig (im Zweifel mehrmals), was man so beachten sollte im Hause Usuki.
Otoosan arbeitet als Altenpfleger im Schichtdienst, interessiert sich für Geschichte und schmeißt den Haushalt, wenn Okaasan nicht da ist, was wie oben beschrieben häufiger der Fall ist. Er kann sehr gut sprachliche Zusammenhänge erklären und seine Eltern leben in der Nachbarpräfektur Oita. Als sie mitsamt Dackel Choco hier zu Besuch waren, war einiges los hier.
Nicht, dass es besonders oft langweilig wird. Schließlich gibt es drei Kinder:

Einmal in etwas verschwommen aber lustig:
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Einmal in scharf aber mit dafür ohne den Mittleren:
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Ich denke, es ist klar, wer auf den Fotos nicht den Nachnamen „Usuki“ trägt und dementsprechend nicht vorgestellt werden muss^^
みく (Miku) ist mit 15 16 die Älteste von den dreien und ist im ersten Jahr der Oberschule (10. Klasse). Sie spielt Klavier und Klarinette und ihre Lieblingsbeschäftigungen nach eigener Aussage sind Essen und Schlafen. Ehrlich gesagt macht sie auf mich aber einen sehr fleißigen Eindruck, sodass sie diesen Vorlieben nicht so viel nachgehen kann, wie sie vielleicht gerne würde.
こうめい (Koomee) ist 13 Jahre alt und im ersten Jahr an der Mittelschule (7. Klasse). Sein liebstes Schulfach sind die Sozialwissenschaften – wenn ich könnte, würde ich mich viel mehr mit ihm über japanische Geschichte unterhalten…. Er ist stets bemüht, mir die japanische Welt zu erklären, auch wenn ich die Erklärung nicht brauche oder nicht gebrauchen kann 😀 Oft scheitert sein löblicher Versuch der Kulturvermittlung auch an meinem eingeschränkten Vokabular.
げんとく (Gentoku) – von allen normalerweise げんちゃん (Gen-chan) genannt ist 8 Jahre alt und damit in der 2. Klasse der Grundschule. Wenn er im Haus ist, weiß man das in der Regel, denn er ist oft laut, klettert auf allem herum und/oder stellt auf Heulbojenmodus um. Wenn er gerade nicht damit beschäftigt ist, durch eine dieser Tätigkeiten Aufmerksamkeit zu bekommen, ist er ein lieber Knirps, mit dem man gut z.B. Jenga spielen kann.

Soweit die Einzelvorstellungen. Wir leben im östlichen Bezirk von Fukuoka, was bedeutet, dass ich jeden Tag ca. eine Stunde zur Schule pendele und etwas länger wieder zurück. Da ich mich aber mit meiner Gastfamilie gut verstehe, wir auch öfter Ausflüge gemeinsam unternehmen und ich schon viele Dinge von ihnen lernen konnte, nehme ich das gerne in Kauf. Es ist immer was los und wenn man abends mal ausnahmsweise mit allen am Tisch sitzt, kann man sehr viel japanisch üben. Wenn ich aber meine Ruhe haben will, gehe ich in mein Zimmer und mache die Tür zu. Die wird dann nur für wichtige Dinge (Es gibt Essen, Wir fahren jetzt los, Kann ich die CD wieder haben?) von außen geöffnet. Nach vorherigem Klopfen und ausdrücklicher Aufforderung sie zu öffnen. Ein einfaches „Ja“ sorgt nur dafür, dass ich mit durch Holz gedämpftem Japanisch überschüttet werde, was das Verständnis nicht eben erleichtert. Deswegen habe ich schnell gelernt, welche Möglichkeiten ich habe, expliziten Einlass zu gewähren (開けてもいい – „Du darfst die Tür öffnen“ oder どうぞ – „Bitte“ sind die Mittel der Wahl). Insgesamt habe ich den Eindruck, es hier ziemlich gut getroffen zu haben und bin froh, neun Monate bei Leuten wohnen zu dürfen, die mir mittlerweile gar nicht mehr fremd, sondern sehr ans Herz gewachsen sind.

So. Nun bitte eure Fragen :]

2 thoughts on “Gastfamilie

  1. Mama 18. Januar 2016 at 13:03

    Für ist es gerade eine Freude und auch mütterliche Erleichterung, Deine Gastfamilie endlich, endlich so im Einzelnen vorgestellt zu bekommen.
    Die Fotos und den Text dazu finde ich sehr informativ und schön geschrieben.
    Auf dass Deine Erfahrungen mit Deiner Gastfamilie noch um Einiges bereichert werden :-)))))))).

  2. お兄さん 18. Januar 2016 at 20:58

    Wenn ich das richtig sehe ist der Kuchen für Miku und deiner Streichung entnehme ich, dass es ihr 16ter Geburtstag war? (Auf dem Schild komme ich nur bis Omede…. der Rest ist unscharf mMn)
    Wie werden alle Namen in Kanji geschrieben?

    Hihi schöne Grüße an お父さん. Mein Tandempartner Hiroki und ich reiten gerade eine vergleichende Tour de Force durch die japanische Zeitepochen mit den entsprechenden europäischen/deutschen Entsprechungen allgemein. Unser schönstes Erlebnis bis jetzt: [Wir sind bei Keramiken und der Ankunft des Buddhismus in Japan] „….und dann wurde mit Nara 710 die erste echte japanische Hauptstadt gegründet und die Nara-jidai beginnt…“ „Ach so! Rom wurde ja 753 gegründet… also recht dicht beieinander.“ [Unterhaltung geht kurz weiter, plötzlich kommt ein Ereignis, dass ich eindeutig weit nach 100 AD einordnen kann, hänge aber wegen Keramiken und erster echter japanischer Hauptstadt bis gerade noch bei etwa 300 BC….] „Äh Moment. 710 vor oder nach Christus?“ „Ähm… nach Christus.“ [woraufhin ich nochmal eben hektisch die Zeitleiste auf europäischer Seite abändere und wir beide erstaunt feststellen, dass Japan echt erst 710 seine Schrift bekam bzw. benutzte, mit dem Kojiki und Nihon-shoki, und etwas hinterher hing. So läppische 500 Jahre etwa….]

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