Noch ein Hochzeitsgeschenk

Als ich mich mit Sayako in Tokyo getroffen habe, habe ich noch ein Hochzeitsgeschenk von ihr bekommen 😀

IMG_20151204_232631

Diese zusammen passenden Stäbchensets für Paare mit passenden Ablagesteinchen dazu sind anscheinend ein traditionelles Hochzeitsgeschenk in Japan. Unsere sind ganz toll mit kleinen Kirschblüten aus Perlmutt als Einlegearbeit verziert. Das Damenpaar ist dunkelrot und etwas kürzer als schwarze Herrenpaar. Die Ablagesteinchen haben auch die kleinen Kirschblüten und sind beide schwarz.
Andreas und ich haben bereits so ein rot-schwarzes Paar mit Eulen drauf, dass 兄 und 姉 damals von ihrer Japanreise als Andenken mitgebracht haben. Jetzt können wir also japanische Doppeldates bei uns zu Hause hosten. Yeah 😀

Zwei Sportarten – ein Name

Anfang Dezember war ich ja mit Sayako in Tokyo – ihr erinnert euch an die Weihnachtsimpressionen aus Shinagawa^^
Der Anlass unseres Besuches war die Austragung des Endspiels der gesamtjapanischen halb-professionellen Lacrosse-Liga. Damen wie Herren. Sayako spielt in Nagoya selbst Lacrosse – Landesweit gibt es etwa 20 Damenmannschaften, die nicht zu irgendeiner Bildungseinrichtung gehören, sondern mit Spielerinnen besetzt sind, die bereits im Berufsleben stehen. Klassischerweise kam eines der Teams aus Tokyo und eines aus Osaka 😀 Der ewige Streit.
Die Grundregel ist für Deutsche einfach zusammenfassbar: Das Runde muss ins Eckige.
Das Runde ist allerdings aus Hartgummi und nur faustgroß und das Eckige ist auch erheblich kleiner als beim Fußball und steht (wie beim Eishockey) ins Feld eingerückt – Es darf und wird also auch hinter dem Tor gespielt. Gespielt werden darf der Ball ausschließlich mit dem „Crosse“ genannten Stock, an dessen Ende ein Netz befestigt ist, in dem der Ball transportiert werden kann.

IMG_20151205_104602

IMG_20151205_145248

Das ist dann aber auch schon so ziemlich der Punkt, an dem die Gemeinsamkeiten von Damen- und Herrenlacrosse enden.
Gespielt wurde auf einem Platz auf einem der Olympiagelände von 1964, dem Komazawa Olympia Park.
Das Damenspiel lief zuerst.
Hier ist irgendwie alles darauf ausgelegt, dass sich niemand verletzt. Zeitstrafen und Freistöße werden gegeben, wenn der Crosse zu nah an irgendein Gesicht kommt, wenn die Spielerinnen sich mehr als „leicht“ gegenseitig schieben etc. Das führt zu ziemlich häufigen Unterbrechungen und der Tatsache, dass die Damen zwar einen Mundschutz tragen müssen, aber sonst eigentlich in Shorts/Sportrock und T-Shirt rumrennen. Mein Eindruck: Die Teams spielen zwar gegeneinander, aber eine gewisse Harmonie herrscht schon.
Dann kamen die Herren… Das hat dann mehr was von Rugby. Alle tragen verpflichtend einen Schutzhelm und Körperpolster (Ihr erinnert euch an den Eishockey-Vergleich?! Packt man japanische Männer in so eine Montur sehen sie von weitem aus, wie große, breite Westler – 兄 zum Beispiel^^) Da wird mit den Cross auf den Gegner eingeschlagen, getackelt, gehauen, gestochen und gebissen – Ach ne, dafür gibt’s ja Helme…. In jedem Fall ist das ganze wesentlich rauer, dauert länger (4×20 Minuten, statt 2×25 Minuten) und tut beim zugucken viel mehr weh.
Insgesamt war es auch hier wieder interessant, etwas über einen mir bislang völlig unbekannten Sport zu lernen. Es macht Spaß, beim Lacrosse zuzuschauen und mitzufiebern, es ist wesentlich spannender als beim Baseball, wie ich finde :] Im Nachgang zum Spiel habe ich dann natürlich recherchiert und rausgefunden, dass es auch in Dortmund ein Lacrosse-Team gibt. Beim TSC Dortmund beheimatet, gibt es die Dortmund Wolverines.
Wieder was gelernt :]

Von unserem Hotelzimmer im siebten Stock konnte man im übrigen den Gipfel des verschneiten Fuji-san sehen. Eine tolle Überraschung!

IMG_20151205_083942

毛糸

Liebe Mama,

Vor einigen Wochen hast du mir eine E-Mail geschickt, in der es um japanische Wolle ging. Ich habe mich mittlerweile mal ein bisschen schlau gemacht und gewühlt. Zunächst war ich ziemlich enttäuscht. Im Bahnhof Hakata gibt es auf drei Stockwerken ungefähr alles, was das Selbermacherherz begehrt. Ob Lederbearbeitung, Löten oder kleinere Arbeiten rund ums Haus: Es gibt Werkzeug, Material – das volle Programm. Darunter im Übrigen auch deutsche Qualitätsware aus Wuppertal 😀

IMG_20151114_145453

Ich dachte mir also: Die haben auch Wolle 😀
Das schlechte Gefühl fing an, als ich eine der Ladenangestellten nach Wolle (毛糸 けいと keeto) fragte und die prompt eine ältere Kollegin fragen musst, weil sie selbst ziemlich ratlos war. Ergebnis: Es gibt Wolle in dem Laden. Ein ganzes Regal:

IMG_20151114_145824

Niedlich, oder?
Eine einzige Marke, eine einzige Sorte und die ist auch noch ziemlich dick. Und einzeln abgepackt per 50 Gramm in kleinen Papiertütchen. Was ist denn hier los? Ich war ziemlich fassungslos.
Nachdem ich dann ein bisschen recherchiert habe, habe ich herausgefunden, dass es in Tenjin einen großes Handarbeitskaufhaus geben soll. Hin! Und tatsächlich, wer mit Stoff oder Wolle in größerem Umfang operieren möchte, findet hier sein Glück. Regalweise Wolle in allen möglichen Formen, Farben und Nadelstärken. Stoffe, soweit das Auge reicht. Benötigtes Zubehör gibt es natürlich auch. Hier ein paar Eindrücke:

IMG_20151207_165132

IMG_20151207_165128

IMG_20151207_165124

IMG_20151207_165119

Das ist jetzt ein Regal von einer Marke: Noro. Von der Größe gab’s noch ca. 15 andere, auch von anderen Marken. Dünnes Sockengarn habe ich auf Anhieb nicht gefunden, es gab verschiedenste Mischungen von Materialien, von komplettes Polytier bis Seide und Mohair-Mischungen. Die Preise schwankten dementsprechend und lagen für meine Begriffe ähnlich gestreut wie in Deutschland. Ein Import lohnt sich meiner Meinung nach nur, wenn man jetzt irgendeine Farbstellung ganz toll findet; auf Anhieb habe ich nichts gesehen, bei dem ich dachte „Oh Gott, das würde man in Deutschland nie bekommen“. Falls ihr euch jetzt durch den letzten Absatz gequält habt und euch wundert warum ich eine Kurzmarktanalyse zum japanischen Wollmarkt durchgeführt habe, denkt noch mal drüber nach welcher Hauptbeschäftigung meine Mama so nachgeht^^ Dann wisst ihr, wer gefragt hat.

Man kann nie genug Wollsocken haben, Harry.

Ich hab mein erstes Paar Wollsocken fertig gestellt, mit dem ich wirklich zufrieden bin!!

IMG_20151201_191456

Alles gehäkelt, weil ich mit dem Stricken ja 1. nach wie vor etwas auf Kriegsfuß stehe und 2. eine Mama habe, die das ganz hervorragend beherrscht. Da ist es dann doch irgendwie einfacher die Stricksachen bei ihr zu bestellen^^
Für den Winter in Fukuoka bin ich jetzt also bestens gerüstet. Mal schauen, wie sie sich im kühlen Norden machen 😀

@Sam: Sorry, dass es nicht um japanische Socken geht^^ Da gibt es aber auch einige interessante Modelle. Vielleicht sehe ich mal welche im Laden und kann dir Fotos machen.

Sapporo – Dortmund, 20 Stunden

Da habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich in Sapporo am Flughafen (Shinchitose) angekommen bin. Für einen Moment habe ich überlegt, ob es wohl eine Direktverbindung Dortmund – Sapporo gibt – man weiß ja nie. Warum ich darauf gekommen bin?

IMG_20151213_170636

Naja, wenn man eine Fluglinie sieht, die „Air Do“ heißt, dann kann man als Dortmunder schonmal auf die Idee kommen, dass das was mit der Heimat zu tun hat. Tatsächlich ist die Linie hier im Norden Japans ansässig, wie sich dem Wikipedia-Artikel entnehmen lässt. Sapporo unterhält im übrigen seit den Olympischen Spielen 1972 eine Städtepartnerschaft mit München, da hier die Winterspiele in jenem Jahr ausgetragen wurden. Der Reiseführer verspricht dementsprechend einen Münchner Weihnachtsmarkt (Ist der Münchner Weihnachtsmarkt anders als andere deutsche Weihnachtsmärkte?) und stets einen deutschen Mitarbeiter an der zentralen Touristeninformation in der Stadt. Mal schauen, ob wir davon was bemerken können.^^

Während ich dann auf Andreas gewartet habe, ist mir auch am Flughafen wieder Weihnachtsdeko entgegengekommen. Mein persönliches Highlight diesmal: Der Weihnachtsbaum aus Weihnachtssternen rechts im Bild:

IMG_20151213_194924

Im Zug vom Flughafen nach Sapporo selbst fiel mir noch die Maiglöckchenwandgestaltung auf, die mich sehr an die Erdbeertapete meines Onkels hat denken lassen 😀

IMG_20151213_204705

Der besinnliche Moment kam tatsächlich dann noch auf dem Linienplan, abseits der streitbaren Weihnachtsdeko:

IMG_20151213_210103

Ja, das ist ein Ausschnitt aus dem Zuglinienplan rund um Sapporo. Der Bahnhof 平和 (へいわ heewa) liegt neben Shin-Sapporo (das ein Halt auf der pinken Linie, die unten im Bild eingezeichnet ist) und hat mich stutzen lassen, denn 平和 bedeutet mit den gleichen Kanji auf japanisch „Frieden“ – In Hiroshima gibt es z.B. einen Friedenspark – 平和公園, der dem Gedenken an den Atombombenabwurf von 1945 gewidmet ist.
„Nächster Halt: Frieden“ – das ist doch mal wahrhaft weihnachtlich, findet ihr nicht?

Der Kommentar war ein bisschen lang….

Liebe Mutti (Mutti, nicht Mama – wichtiger Unterschied^^),

Da meine Antwort auf deinen Kommentar unter „Antwort“ etwas lang war, mache ich einen eigenen Post draus 😀 Yay.

Ja, ich vermisse ab und an ein gutes Roggenbrot mit etwas drumrum, das den Namen „Kruste“ verdient. Das hält sich aber alles im Rahmen des erträglichen :]
Zum Thema gemeinsam Essen: Ich habe bereits beschlossen, einen Takoyakigrill entweder mitzubringen oder in Düsseldorf zu kaufen. Das sind diese kleinen Bällchen, für die vor allem Osaka berühmt ist. Dann gibt’s bei mir Takoyakiparty^^
Das mit der Sprache im Alltag ist eine gute Frage. Ich bin zufrieden mit dem wie ich zurecht komme. Ich kann Situationen wie hier am Flughafen gut meistern – also fragen, wo mein Mann gleich ankommt, im Restaurant bestellen etc. Als ich letztes Wochenende nach Tokyo geflogen bin, habe ich mich mit meiner Sitznachbarin, einer älteren Japanerin gut kurz unterhalten können, also wer ich bin, woher ich komme, was und wie lange ich in Fukuoka mache und warum ich nach Tokyo wollte. Und natürlich kann ich hier am Flughafen erkennen was wo ist, da es ja eine begrenzte und festgelegte Anzahl an Möglichkeiten an so einem Flughafen geht – der Kontext ist eng, sodass sich daraus viel erschließen lässt.
Mit meinen Gasteltern habe ich mich schon über viele Sachen zu Hause unterhalten, mein Gastpapa interessiert sich für Geschichte, das wird dann schon schwieriger, ich muss auf englische Wörter ausweichen oder bei ihm Erfragen. Was derzeit das „Herausforderungslevel“ ist, ist angemessen zu sprechen. Das hängt zum einen daran, dass ich die angemessene Sprachebene (informell, neutral, höflich) kennen und anwenden muss, zum anderen aber auch noch dabei bin, herauszufinden, wann ich überhaupt was sagen sollte – Im Laden zum Beispiel reden die Angestellten ziemlich viel mit dir, es gibt gefühlt für jede deiner Bewegungen eine Floskel, die dir entgegen geschmissen wird – „Schön, dass Sie in unserem Laden sind, ehrenwerter Kunde“, „Beehren Sie uns bald wieder“ und ähnliches. In mir ruft das den Impuls hervor, zu antworten, mich zu bedanken etc. Das macht man hier aber schlichtweg nicht. Also: Mund halten, freundlich Lächeln, nicht winken^^
Auch Nachrichten bleiben mir noch zum Großteil verschlossen: Gesprochen geht es zu schnell und mit Verbformen, die ich noch nicht kenne (Auch mein Wortschatz ist ja noch nicht so riesig), gelesen gibt es zu viele Kanji. Das Lesen des Harry Potter ist nach wie vor, herausfordernd. Da kann ich mich nicht halb müde mit ins Bett legen und mal ein paar Seiten lesen, das braucht volle Aufmerksamkeit. Wenn meine Gastfamilie sich untereinander unterhält, ist es mir ebenfalls nicht möglich einfach so dem Gespräch zu folgen. Ich bin darauf angewiesen, dass sich mir mein Gegenüber zuwendet, den Mund leer hat (!!) und gelegentlich auf „einfache“ Wörter ausweicht.
Zusammenfassend kann man vielleicht sagen: Ich kann mehr, als man als Tourist mindestens braucht, aber nicht genug, um am täglichen Leben ohne weiteres teilzunehmen.

Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen :]

Antwort

Liebe Maike,

Entgegen deiner Vermutung kommt deine E-Mail zum perfekten Zeitpunkt. Von Düsseldorf nach Sapporo zu kommen, dauert dann halt doch 16 Stunden und da meine Gastfamilie wie immer auch heute schwer beschäftigt ist, hat meine Gastmama mich sehr früh zum Flughafen nach Fukuoka gebracht. Summa summarum resultiert das nun in mehr als zwei Stunden Wartezeit hier in Fukuoka und dann nochmal vier Stunden in Sapporo/Shin-Chitose.
Während ich gerade die erste Stunde in Fukuoka mit Einchecken, Bummeln und Eiscreme verbracht habe, habe ich unter anderem deine Mail gelesen und mir gedacht, dass heute doch eine gute Gelegenheit wäre, hier mal wieder zu schreiben. Da du mit deinem dezenten Hinweis auf die Zeit, die seit dem letzten Eintrag vergangen ist, natürlich auch völlig recht hast, stehe ich nun also in der Internetecke und tippe. Ich hoffe es ist dir recht, wenn ich deine Mail nun sozusagen in Teilen „öffentlich“ beantworte, denn ich denke, dass viele von deinen Fragen auch für den Rest der hier lesenden Welt interessant sein wird.

+ Durchsage an alle +
Ich weise darauf hin, dass dies ein langer Blogeintrag ist. Maike hat mich mit ihrer Mail so sehr motiviert und sie kam zu so einem günstigen Zeitpunkt hier in meinem Warteloch am 福岡空港, dass ich mal wieder in eine förmliche Schreibwut verfallen bin. Nehmt euch also ein leckeres Heißgetränk und etwas Zeit zur Hand, bevor ihr weiterlest^^
+Durchsage Ende +

Die Frage nach der Adventszeit in Japan scheint ja viele Leser zu beschäftigen. Ich denke die wichtigsten Punkte, die im Vergleich zu Deutschland so auffallen, sind folgende:
Die Weihnachtsmusik überall. Egal ob im Supermarkt Anfang November oder jetzt hier in den Restaurants am Flughafen. Überall werden Weihnachtslieder gespielt. In der Regel Instrumentalversionen von englischsprachig verfügbaren Klassikern: „Hark, the Herald Angels Sing“, „Engel haben Himmelslieder“, „We wish you a merry Christmas“, „Sleigh Ride“ sind so die, die mir jetzt am ehesten einfallen. Für mich persönlich steht die fast allgegenwärtige Musik im Kontrast zu der Wichtigkeit des Festes. Obwohl die Innenstädte beleuchtet sind, viele Läden Weihnachtsdeko inkl. Baum aufstellen (Ich hab grad wieder erst einen unten in der Empfangshalle am ANA-Schalter gesehen!) und alles „Weihnachten“ ruft, ist das Fest an sich dann völlig unbedeutend. Ein Tag wie jeder andere. Am 23.12. ist hier in Japan Feiertag, denn es ist der Geburtstag des Kaisers, aber das ist dann bis Neujahr auch alles. Weder Heiligabend noch Weihnachten sind irgendwie geschützt/wichtig/besonders. Die meisten Leute gehen zu KFC an Heiligabend. Kein Mensch weiß, woher dieser „Brauch“ kommt, aber ich bin gespannt, ob wir das am 24. beobachten können. Bei einem Anteil von 2% Christen oder so im Land, macht es natürlich Sinn, dass Weihnachten selbst nicht „gefeiert“ wird, aber komisch ist es für mich trotzdem. Ich habe das Gefühl, dass hier alle also auf den Dekoaspekt von Weihnachten steil gehen. Das ist für mich doch immer wieder schwierig hintereinander zu bekommen. Ein Kaufhaus im Bahnhof Hakata hat dieses Jahr eine Weihnachtswerbekampagne mit einem Roboter im Weihnachtsfrau-Kostüm mit dem Slogan „Ultimate X-Mas“…. Mir sind die Hintergründe vollkommen klar, aber der Advent ist für mich eben die Zeit vor Weihnachten, die klimatisch auf diese 2 ½ Tage Familie und sonst nichts hinarbeiten. In Deutschland stirbt da ja alles aus. Ich bin gespannt, wie Andreas und ich das wahrnehmen werden. Insbesondere im Vergleich mit dem Neujahrsfest, dass ja hier eher den Familienfeier-des-Jahres-Zuschlag bekommt.

Leuchten tun japanische Innenstädte übrigens immer – zur Adventszeit wird es nur noch ein bisschen mehr^^

Eine weitere Fragen zielt auf die Schule ab: Mein erstes Drittel ist vorbei!! Oh mein Gott!! Es ist so krass. Als ich am Freitag nach der Manga-Klasse nach Hause gefahren bin, fühlte sich alles nach normalem Wochenende an, aber de facto hat meine Klasse sich aufgelöst, da meine beiden Mitschülerinnen der letzten drei Wochen nun wieder in ihre Heimatländer geflogen sind und ich ja erstmal im Urlaub bin. Im neuen Jahr geht’s dann also komplett neu los.
Mal zu den technischen Daten: Bei GenkiJACS wird für die Grundstufe mit „Genki – An integrated course for Japanese“ gearbeitet. Ich wurde im Oktober im ersten der beiden Bücher in Kapitel 11 eingestuft. Insgesamt sind es 23 Kapitel und wir sind jetzt in Kapitel 21. Allerdings haben wir auch zwei Kapitel übersprungen, die erst hinterher kommen. Wir haben also neun Kapitel in zehn Wochen absolviert. Kanji sollte ich jetzt ca. 250 beherrschen, was aber noch nicht ganz der Wahrheit entspricht. Im Schnitt machen wir hier 16 Kanji pro Woche, sind also etwas langsamer als ihr an der Uni :]
Zur Zeit sieht es also so aus, dass ich Anfang/Mitte Feburar mit der Grundstufe abschließen werde und dann in die Mittelstufe komme. Dann werde ich auch anfangen, Extrastunden für die Testvorbereitung im Sommer zu absolvieren. Da kommen dann auch wie bei dir ein Mal pro Woche Aufsätze, die ich schreiben muss und die dann korrigiert werden. Ich denke, das ist sehr wichtig, bisher machen wir das leider noch gar nicht. Wenn ich mir die Ambitionen einiger Mitschüler ansehe, kann ich das auch durchaus nachvollziehen. Ich allerdings freue mich schon sehr darauf, auch wenn du mich noch genug schimpfen und fluchen hören wirst, wenn es erstmal so weit ist…
Ich selbst kann meine Fortschritte schlecht einschätzen. Ich weiß, dass ich viele neue Formen und Grammatiken gelernt habe, gefühlt übernehme ich aber nur einen Bruchteil davon in meine tägliche Kommunikation. Auch deswegen hoffe ich auf die Texte bald. Am Freitag hat mir ein japanischer Freund, den ich seit drei oder vier Wochen nicht mehr gesehen hatte, aber gesagt, dass sich meine Aussprache und Grammatik merklich verbessert hat, seit er mich zuletzt gesehen hatte. Darüber habe mich natürlich entsprechend gefreut 😀 Ich habe meine Lehrbücher natürlich mitgenommen und habe fest geplant ein oder zwei Tage auch einfach mal dafür zu nutzen, in Ruhe zu lernen, Stoff zu wiederholen und zusammen zu fassen. Wenn man sich da einmal dransetzt, dauert es ja dann in der Regel doch nicht so lange, wie man vorher befürchtet. Für das neue Jahr möchte ich dann unbedingt schauen, ob ich nicht doch nochmal einen festen Sprachtandempartner ausfindig machen kann. Ich habe schon mehrere Leute getroffen, die Deutsch lernen, aber die Anbahnung eines festen, regelmäßigen Treffens ist dann doch irgendwie schwierig.

Deine letzten Fragen beziehen sich auf Andreas und meine Reise hier in Japan. Bisher haben sich schon einige Ideen angesammelt. Da Andreas und ich nicht so die wilden Sightseer sind, gibt’s nicht so viele Ausflugziele wo wir hinwollen und es wird sich sicher auch einiges spontan entscheiden. Angepasst wie ich zum Teil auch schon bin an die lokalen Gepflogenheiten, habe ich vor allem Speisen, die ich gemeinsam mit ihm Essen möchte, nachgedacht. Ich habe gelesen, gehört und auch schon selber gemerkt, dass das sehr typisch für Inlandsreisende Japaner ist: Die Planen ihren Aufenthalt nach den Speisen, die sie essen wollen. In der Regel hat jede Region in Japan eine Handvoll Dinge für die sie berühmt ist: Fukuoka ist unter anderem bekannt für die Hakata-Seide, Hakata-Ramen, Erdbeeren und so lustiges Fleischspieße, deren Namen ich nicht kenne. In Hokkaido sind Shio-Butter-Ramen und Dschingis Kahn ganz große Favoriten. Beide Gerichte haben sicherlich auch damit zu tun, dass Hokkaido innerhalb Japans die Region mit der meisten Viehhaltung und Milchwirtschaft ist: Es gibt viel Butter (Butter-Ramen) und Schafe (Dschingis Kahn ist eine Art gebratenes Lammfleisch – ich werde berichten :)). Aber natürlich gibt es auch bekannte Fischsorten und wasweißdennichalles.
Außerdem möchte ich Udon, Soba, Takoyaki, Yakiniku, Shabu-shabu, Nabe, Sushi und noch ganz viele andere Sachen essen^^ Yummy!! In diesem Zusammenhang mal eine ganz dringende Bitte an alle Leser hier: Wenn ich wieder in Deutschland bin, und einen von euch Frage, ob er oder sie Lust hat, japanisch Essen zu gehen, werde ich mich nicht für meine Reaktion auf den Satz „Ach ne du, lass mal, roher Fisch ist nicht so meins.“ verantwortlich machen lassen…. Japanisches Essen hat sooooo viele Facetten, roher Fisch ist da der geringste Teil – ok? Ok. Danke.
Zurück zum Ferienprogramm: An Sehenswürdigkeiten habe ich bisher nur das Biermuseum in Sapporo, Onsen und mindestens ein Ainu-Dorf auf dem Plan. Andreas und ich werden sicherlich nochmal in Ruhe gemeinsam den Reiseführer wälzen.
Da wir in Sapporo in einer eigenen kleinen Ferienwohnung wohnen, habe ich mir von meiner お母さん (Okaasan – Gastmama) erklären lassen, wie ich Reis und Miso-Suppe koche. Das sind die wichtigsten Bestandteile eines japanischen Frühstücks :] Und ich habe auch schon gemerkt, dass ich mich schnell an den Reis gewöhnt habe. Wenn ich morgens aufstehe, möchte mein Magen in der Regel als erstes Mal eine Schüssel ご飯 (Gohan), sonst läuft gar nichts. お母さん hat heute morgen auch erstmal wieder den Vogel abgeschossen, was Nettigkeit und Niedlichkeit angeht. Mamas sind irgendwie doch überall auf der Welt gleich. Während in Deutschland Brot und Salz zum Einzug geschenkt werden, damit diese beiden wichtigsten Dinge niemals ausgehen, hat meine お母さん nach der Erklärung drei große Beutel voll rohen Reis in meinen Koffer gepackt!!!! Sie sind riesig! Und für zwei Wochen Verzehr für zwei Personen ausgelegt! Mir sind fast die Augen rausgefallen, als sie damit ankam. Sie meinte, Reis sei so schrecklich teuer, von dem Geld sollten wir lieber lecker Essen gehen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich für die drei Wochen trotzdem noch Miete bezahle, denn ich hab ja immer noch Sachen im Zimmer. Auf jeden Fall war es meganiedlich und lieb! Der Typ am Gepäckscan hat glaube ich auch nicht schlecht gestaunt….
Generell muss ich hier einfach nochmal erzählen wie unglaublich toll und lieb meine Gastfamilie ist. Okaasan arbeitet als Arztassistentin und Otoosan als Altenpfleger. Soviel habe ich mittlerweile an gesicherten Informationen. Mit ihren drei Kindern, davon jedes in einer Schulstufe und Otoosan im Schichtdienst ist eigentlich immer was los. Meine Okaasan ist darüber hinaus, wie ich gestern rausgefunden habe, zertifizierte Lehrerin für Teezeremonien, Ikebana und (Das war der allergrößte Knülller!!) für japanische Gebärdensprache!!!!!!!!! Für nächstes Jahr hat sie mir nun versprochen, dass wir mal gemeinsam eine Teezeremonie machen und über die Nummer mit der Gebärdensprache haben wir uns natürlich ziemlich lange unterhalten. Ich konnte ihr noch einige interessante Dinge aus der deutschen Gebärdensprache erzählen und kann jetzt in japanischer Gebärdensprache sagen „Mein Name ist Claudia“ und „Fukuoka“ – Obwohl ich wahrscheinlich ein paar Probleme mit dem Alphabet bekomme, denn das ist prinzipiell dann doch anders. Zum Flughafen haben sie mich dann heute auch noch überraschend gebracht und ich glaube die Kinder haben so ganz langsam verstanden, dass sie mit mir auch gerne Englisch üben können. Mal schauen, was das neue Jahr da so bringt. In jedem Fall bin ich nach zehn Wochen (!) überzeugt, mit meine Gastfamilie den totalen Glücksgriff gemacht zu haben :] Ich fühle mich sehr heimisch dort.

So. Mein Boarding fängt gleich an und das war jetzt nur die Antwort auf deine eine Mail. Ich hoffe, dass ich in Sapporo auch ein bisschen Zeit finde, um abzuschalten und vielleicht mal durch die vielen Bilder zu schauen, die sich angesammelt haben auf meinem Handy und die ich oft mit einer ganz bestimmten Person zu Hause im Hinterkopf geschossen habe. Dementsprechend drängen diese Bilder an die Öffentlichkeit. Sie wollen gesehen werden!
Themen sind unter anderem: Japanische Burgen, Rainbow Pride Parade Fukuoka, Kanada in Fukuoka, interessante Einkaufsfunde, Lichterfestivals, Erbauung großer Holzbuddhas, japanische Gärten, Socken, Hochzeitsgeschenke, Lacrosse, Wolle, Gummibärchen, Türen und Dampfnudeln. Gibt es Präferenzen im werten Publikum?

Liebe Grüße vom 福岡空港

Claudia

P.S.: Das mit dem Skypen letzte Woche tut mir total Leid >.< Andreas und ich haben uns vorgenommen, dass es ein nächstes Mal geben wird und das nächstes Mal besser wird :] やくそく!

Oh Tannebaum, oh Tannebaum

Heute mal brandaktuell und vom Smartphone. Ich sitze im Bahnhof Shinagawa in Tokyo und warte auf meine Freundin Sayako, die um kurz nach 8 Uhr mit dem Shinkansen aus Nagoya angerauscht kommt. Folgendes ist der aktuelle Blick auf die Lage:
IMG_20151204_192016

1449224829934
Aktuelle Highlights:
Erstens: Der windschiefe Weihnachtsbaum im ersten Bild, der diese trostlose Stimmung, die m.M. auf allen Bahnhöfen herrscht, so gut raus bringt. Die Weihnachtsdeko hier ist manchmal einfach schräg.
Zweitens: Die heiße Bio-Schokolade im Bildvordergrund, die durch ihre fehlende Überzuckerung überzeugt. Ein Traum ohne zurück bleibenden Bodensatz für knapp 3€.
Drittens: Sayako wieder sehen und morgen mit ihr zum Lacrosse gehen. Hab ich keine Ahnung von aber das hat ja beim Baseball auch gut funktioniert. Da war übrigens neulich eine der beiden möglichen Weltmeisterturniere. Wenn es eine Sache gibt, die am Baseball nicht raffe, ist es die Art wie die ihre Turniere organisieren. Jedenfalls ist Japan im Halbfinale gegen Korea rausgeflogen und dann dritter geworden. Mexiko wurde regelrecht pulverisiert in dem Spiel. Ihr seht: Ein sportliches Highlight jagt das nächste. Vielleicht gibts ja dann bald meinen nächsten Einsatz als Sportreporter hier. Bleibt dran!
Eure Claudia

P.S.: Wer Weltmeister geworden ist? Kein Plan. Ich glaub Korea. Hat dann aber auch einfach niiiiiiiemanden mehr interessiert nachdem die Samurai Japan raus waren 😀