Die Schulwoche

Liebe Mama,

Wie gewünscht hier ein Bericht über meinen Schulalltag diese Woche:
Die Unterrichtsstruktur hat sich für mich bisher nicht verändert, ich habe jeden Tag vormittags Unterricht. Auch die Unterrichtsform ist gleich geblieben, sodass ich weiter fleißig neue Grammatik lerne und sprechen übe. Ich merke, wie sich die neu erlernte Grammatik tatsächlich in meinen Sprachgebrauch schleicht. In Deutschland war es oft so, dass ich die neue Grammatik zwar verstanden hatte, sie sich aber dadurch, dass die Anwendungsmöglichkeiten so gering waren, nicht richtig festsetzen konnten. Wenn ich mich aber beim Abendessen oder einer Austauschveranstaltung mit Japanern unterhalte und das jeden Tag, dann sind die Möglichkeiten zur Nutzung natürlich viel eher vorhanden. Das fühlt sich sehr gut an. Auch meine Sorge, dass NUR japanisch lernen, 5 Tage in der Woche zu eintönig werden könnte, bestätigt sich bisher nicht.
Eine Besonderheit in der Schule gab es diese Woche dann doch noch: Ich die erste Hälfte der Grundstufe abgeschlossen. Mit einem „großen“ Test am Mittwochnachmittag. Der Teil zum Hörverstehen war sehr schwer, denn alle Dialoge wurden nur einmal abgespielt. Wenn man dann mal ein Wort nicht direkt verstanden hatte oder kannte und 5 Sekunden nachdenken musste, war der Rest des Dialogs schon vorbei und man hatte die entscheidenden Satzteile nicht mitbekommen. Das war anstrengend, aber der schriftliche und mündliche Teil dagegen war gut. Bestanden habe ich auch und zur Belohnung gab es etwas ganz tolles: Ein neues Buch!

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Jippieh :] Es ist der zweite Teil der Reihe, mit dem hier halt gearbeitet wird und bis Mitte/Ende Januar werde ich damit beschäftigt sein, alles zu lernen, was da so drin steht. Wenn ich das geschafft habe, fängt der Teil an, der mich unmittelbar auf die Prüfung im Juli vorbereitet.

Ich hab diese Woche außerdem wieder fleißig an Austauschprogrammen mit englischlernenden Japanern teilgenommen und festgestellt, dass ich mir was für das Mittagessen überlegen muss. Die Mittagspause ist jeden Tag von 11:15 Uhr bis 12:10 Uhr, was für mich ziemlich früh ist. Da ich in der Regel erst um 7:30 Uhr gefrühstückt habe, bin ich dann nicht besonders hungrig. Ich habe also diese Woche mal ausprobiert, wie ich klarkomme, wenn ich mir dann nur ein Stück Obst und ein kleines Brötchen oder etwas ähnliches mitnehme. Das klappt viel besser. Im Zweifel reicht das dann bis zum reichhaltigen Abendessen mit meiner Gastfamilie oder irgendwo in der Stadt. Also muss ich jetzt mal gucken, dass ich immer etwas mitnehmen kann, denn in der Stadt ist es etwas schwierig mal eben frisches Obst aufzutreiben bzw. wenn’s dann was gibt ist es TEUER! Zum Thema Essen auch noch der Hinweis, dass ich die Pfannenpizza bisher nicht ausprobiert habe. Ich habe zwar mit meiner Gastfamilie abgesprochen, dass ich auch mal kochen darf, wenn ich möchte, aber bisher fehlte mir dazu schlichtweg die Zeit^^

Wie du liest, bin ich weiter gut beschäftigt, fidel und gesund.

Liebe Grüße

Claudia

Tokyo, 1. Akt

Liebe Sam,

Letzten Montag musste ich ja Schule schwänzen, da mich der DAAD nach Tokyo einbeordert hatte. Alle Stipendiaten, die in den letzten drei Monaten ihr Stipendium angetreten haben, sollten zur DAAD-Außenstelle Tokyo kommen und dort über die Arbeit vor Ort informiert zu werden und an einer Abendveranstaltung namens „Butterbrot und Bier“ teilzunehmen.
Also habe ich mich auf den Weg gemacht. Da ich auf Kyushu von Tokyo aus gesehen am Ende der Welt wohne, wurde mir ein Flug nahegelegt und da es tatsächlich auch noch einen einzigen anderen Studenten gibt, der sich auf der Insel befindet, haben wir kurzerhand beschlossen gemeinsam die Reise anzutreten. Das war für mich sehr praktisch, da der gute Marco bereits seit September hier ist und seine japanische Tutorin gebeten hatte, ihn bei der Buchung der Tickets zu unterstützen. Nachdem ich mich am Montagmorgen also um 4:45 Uhr aus dem Bett geschält hatte, bin ich drei mal den Flughafen auf und abgelaufen, bis ich Marco endlich gefunden hatte. Dann haben wir eine Stunde am Gate geschlaf.. gewartet und dann gings los. Das Gate war in Sichtweite 15 m von uns entfernt, aber die Dame von der Airline gab uns ein massives Stück Plastik in die Hand:

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Das Bild ist leider sehr verwackelt, weil ich es im Gehen geschossen habe, aber es war einfach zu geil. Wir stehen am Eingang, die Dame sagt uns „Gate 11“ – Wir gucken, 15m weiter steht „Gate 11“ in großen, deutlich lesbaren Lettern. Sie gibt uns das Plastikteil, das ich sonst eher als massiven Hotelzimmer- oder Autobahnraststättentoilettenschlüsselanhänger kenne (Du weißt schon, diese Riesenteile, damit auch ja niemand aus Versehen den Schlüssel mitgehen lässt), wir gucken sie verwirrt an, gehen die 15m und etwa 10 Sekunden später nimmt uns ein anderer Mitarbeiter das Ding dort wieder ab!!
Wenn man für sein Gate den halben Flughafen runter laufen muss, einen Shuttlebus benötigt oder sonst welche irren Wege bewältigen muss, ist das eine clevere Sache, aber in dem Fall war es irgendwie lächerlich niedlich.

Der Flug verlief abgesehen von einem Flugbegleiter, dessen Englisch man nicht verstanden hat (Selbst über sein „Thank you“ musste ich 5 Sekunden lang nachdenken, bevor ich es verstanden hab), ruhig und angenehm. Konnte Schlaf nachholen^^

In Tokyo-Narita ist man offensichtlich bereits vollständig im Olympiafieber: Alle Gehwege zwischen den Terminals sehen aus, wie Leichtathletik-Laufbahnen und sind auch aus dem entsprechenden Tartanmaterial:

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Marco studiert zwar Asienwissenschaften, Japanisch hat er aber auch erst seit zwei Jahren, also hat wer mit der Zugangestellten geredet? Ich, natürlich xD Nachdem wir es dann geschafft hatten, ein passendes Zugticket zu erhaschen, hat er mir dafür dann aber die Grundlagen der koreanischen Schrift beigebracht. Wuha 😀
Die ist viel einfacher, weil sie eher so aufgebaut ist wie unsere und die Kanji gar nicht so oft verwendet werden. Auch eine Möglichkeit, seine Zugfahrtzeit von 40 Minuten sinnvoll zu nutzen.
Nach dem Zug kam die U-Bahn. Hast du schonmal die Tokyoter U-Bahn gesehen? Ich glaube, nur お兄さん hatte bereits das Vergnügen. Für dich, Sam, und alle anderen, habe ich ein Foto, dass die Klarheit der Streckenführung und Simplizität der Orientierung in den Stationen erahnen lässt:

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Das ist das U-Bahn-Netz von Tokyo. Die Züge und Busse sind nicht enthalten. Mir sind fast die Augen rausgefallen als ich den Plan gesehen habe und ich war SEHR froh, dass ich mir vorher eine Fahrplanauskunft aus dem Internet herunter geladen hatte. Nachdem wir uns fachmännisch im nächsten Konbini mit Mittagessen eingedeckt haben und kurz bei meinem Hotel vorbei geschaut, sind wir dann auch wohlbehalten beim DAAD angekommen.

Und soweit des Drama erster Akt – Die Anreise. Im zweiten Akt habe ich Fotos von hübschen Kimono und total abgefahrenen Origamiskulpturen für dich!

Lichterfest

Liebe Kristina,

Letzten Samstag war ein Lichterfest in Hakata, einem der Hauptbezirke der Innenstadt von Fukuoka. Diverse Tempel, Schreine, Parks und andere Flächen wurden mit bunten papierbeschirmten Kerzen illuminiert. Meistens wurden aus den Lampen bestimmte Bilder konstruiert. Man konnte teilweise die Linien auf dem Boden erkennen, anhand derer die Helfer die Helfer die Kerzen den Tag über so aufgestellt haben. Zusammen mit anderen Schülern meiner Schule sind wir hin und haben einen schönen Spaziergang und im Anschluss ein lustiges Abendessen in einem kleinen, verhutzelten, ziemlich originalen japanischen Restaurant genossen.
Leider ist es dabei so spät geworden, dass ich keinen Zug mehr nach Hause nehmen konnte an meinem Umstiegsort, panisch in den falschen Zug gestiegen bin, viel zu weit gefahren, weil es ein Expresszug war, dann ne halbe Stunde warten musste bis ein Rückzug kam und erst um 01:00 Uhr statt um 00:15 Uhr zu Hause vom Taxi rausgelassen wurde xD
Ich kam nicht umhin, an die Extraschicht zu denken. Wärt ihr hier, wären wir sicher gemeinsam auf das Fest gegangen und hätten rumgealbert :] Zur Entschädigung habe ich euch aber ein paar Bilder mitgebracht.

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Garten, die Zweite

お兄ちゃん、
お母さん、 (<-- Das bist du, Mama^^) Letztes Wochenende waren おじいさん (Odschiisan - Oppa)、おばあさん (Obaasan - Omma) und チョコ (Tschoko) zu Besuch. チョコ seht ihr auf dem Foto auf der Couch sitzend: IMG_20151018_171549

おばあさん (Obaasan – Die Oma) sitzt im Hintergrund und bügelt, im Vordergrund versucht die Älteste ein Foto von dem Hund zu bekommen, auf dem er auch in die Kamera guckt. Mit mäßigem Erfolg, wie man sieht. Vom Opa habe ich kein Foto, aber dafür Fotos von seinem Wirken.

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Oppa hat innerhalb von zwei Tagen mal eben den kompletten Garten … wie sagt man das jetzt? Er ist über ihn hinweggefegt, wie ein ordnender Taifun. Ehrlich gesagt, finde ich, er hätte ruhig ein bisschen mehr stehen lassen können, aber ordentlich sieht es jetzt allemal aus. Kommt dazu, dass es Paprika und Kiwis zu ernten gab. Und zwar in recht beachtlichen Mengen.

@お兄ちゃん: Mach dir nicht zu viele Gedanken deswegen und schlürf trotzdem weiter in Ruhe deinen Tee. Dein Garten ist mindestens zehn Mal so groß, wie das Handtuch hier. Außerdem ist おじいさん oldschool. Der lässt auch die Tür von der Toilette auf, wenn er da steht und pinkelt. Also nicht zwingend ein Vorbild. Ich konnte damit leben, als die beiden wieder nach Hause gefahren sind^^

Bezüglich des Hundes gabs dann noch eine lustige Szene in der Schule, als die Lehrerin fragte, was wir am Wochenende gemacht hätten. Ich erwähnte, dass チョコ zu Besuch war, ein ダクスフンド. „Dakusuhundo“, also „Dachshund“ wird der Dackel hier liebevoll genannt. Nur das niemand weiß, dass das Dachshund heißt. Also tatsächlich ein deutsches Wort mit einer entsprechenden Bedeutung ist. Meine Lehrerin war völlig fertig, als ich ihr das erzählt habe und hat dann nur gefragt, warum in Deutschland Dachse gejagt würden. Nachdem wir 10 Minuten gebraucht haben, um zu klären, was überhaupt ein Dachs ist xD War sehr witzig.

Zeitumstellung

So ihr Lieben,

jetzt grade ist bei euch zu Hause in Deutschland Zeitumstellung. Bei mir ist es 10:00 Uhr vormittags, ihr habt 03:00 Uhr nachts und schwupp – nun ist es 02:00 Uhr nachts bei euch. Ich hoffe ihr nutzt eure extra-Stunde gut, z.B. um angenehme Träume zu haben. Bei ist es immer noch 10:00 Uhr.
Wenn ihr mich also demnächst live erreichen wollt, denkt dran: Ich bin keine sieben, sondern acht Stunden weiter als ihr :]

Schlaft gut!

Und nun das neueste vom Spocht

Alternativtitel: Japaner in Ekstase.

Also folgendes: Dortmund spielt das letzte Spiel der Saison. Das Heimspiel gegen den FCB entscheidet über Meistertitel oder nicht Meistertitel. In einer Kommunikationszentrale am Niedersachsenweg beten zwei Herren mittleren Alters genervt und fieberhaft für eine Niederlage. Der Rest der Stadt ist im totalen Ausnahmezustand. Überall schwarz-gelbe Flaggen, schwarz-gelb gekleidete Menschen, Kneipen, die Rudelgucken anbieten. Der Friedensplatz muss zwei Stunden vor Anpfiff wegen Überfüllung geschlossen werden. Angespannte Stimmung macht sich breit. FCB-Fans übernehmen den alten Markt, in der Innenstadt wabern immer wieder Fetzen von Fangesängen durch die Straßen.
Anpfiff!

Abpfiff!
Dortmund gewinnt überlegen! Wir sind Meister!!!!!!!!!!! Die Innenstadt befindet sich die gesamte Nacht im Ausnahmezustand. Autokorso, Fangesänge, Bierduschen für die FCB-Fans, Bierduschen für die BVB-Fans, Bierdusche für alle!
Die Herren vom Niedersachsenweg brauchen jetzt Kekse. Viele Kekse.
Am nächsten Mittag: Siegerkorso – Um den Borsigplatz, durch die Innenstadt – Feuerwehr, THW (inkl. der Herren mit den Keksen^^), Sanitätsdienste, Polizei, Fans, Mannschaft – alle sind auf den Beinen. Viele der Anwesenden haben erst gar nicht geschlafen.
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! *jubelkreisch*



Ihr habt das Bild vor Augen, ja?
Gut.
Letzten Freitag habe ich nämlich das japanische Äquivalent zu genau diesem Szenario in Fukuoka erlebt. Das Fazit: Die beiden Herren mittleren Alters, die oben erwähnt worden sind, sollten nach Japan ziehen. Dann hätten sie eine Sorge weniger ._.
Statt um Fußball geht es hier um Baseball. Statt Dortmund gegen den FCB spielen die Fukuoka Softbank Hawks (In Gelb, weiß und schwarz^^) gegen die Chiba Lotte Marines (schwarz). Meine Gastvater hat Karten und zusammen mit Oppa, Vattern und dem Kurzen mache ich mich auf den Weg zum Stadion.

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Soweit, so vertraut.
Vattern hat mir schon vor Tagen erklärt, dass es DAS Spiel der Saison ist, die Hawks haben die Möglichkeit den zweiten Titel in der Saison zu holen. Die Tage vorher habe ich persönlich in den Teilen der Stadt, in denen ich immer so rumlaufe, nicht so viel davon mitbekommen.
Auf dem Weg zum Stadion gibt es natürlich jede Menge Leute, die auch hingehen, denn der Fukuoka Dome fasst knapp 40000 Personen bei Baseballspielen. Fangesänge höre ich bisher nicht.

Vattern hat auf dem Weg noch Wacker Stärkung besorgt. Für jeden ein Obento. Also Reis, Fleisch, Fisch, Gemüse, nett angerichtet und gewärmt von der Imbissbude um die Ecke. Stellt euch vor ihr geht ins Stadion und nehmt für jeden Anwesenden eine SchniPo-Schlemmerplatte mit.

Als das Spiel beginnt, sind nicht alle Ränge besetzt (Es gibt ausschließlich Sitzplätze, wenn die beiden Hardcorefankurven ihre Gesänge loslassen, wird aber zumindest dort aufgestanden – Der Rest feuert im Sitzen an – Vorzugsweise nicht mit der eigenen Stimme sondern so Plastikröhren, die man aneinander schlägt), wir packen das Obento aus, wünschen guten Appetit und fangen an zu schlemmen. Die ersten beiden Innings verlaufen ziemlich ruhig. Da beim Baseball immer eine Mannschaft angreift und Punkte machen kann und die anderen verteidigt, ist das Spiel irgendwie… geordneter und ruhiger als so ein Fußballspiel. Das unterstreicht die Familienpicknickstimmung, die für die ersten 2 Innings (ca. 40 Minuten) herrscht. 9 Innings werden insgesamt gespielt, da der Verlauf vom Spielgeschehen abhängt und nicht von der Uhr, ist die Gesamtdauer nicht festgelegt. Vattern geht so vom 3 1/2 Stunden aus. W00t? Okay. Ich hab ja keine Ahnung…

An dieser Stelle ein ganz herzlicher Dank an Ingo von den Dortmund Wanderers – Ja, Dortmund hat ein Baseballteam 😀 Der Ingo hat mir nämlich einen Freitagabend als ich da ein T-Shirt für meinen Gastvater kaufen wollte, mal die grundlegenden Regeln erklärt. Und ganz ehrlich: Ohne die Erklärung hätte ich nur halb so viel Spaß gehabt, weil ich nicht mal die Hälfte vom Spielgeschehen verstanden hätte. Es ist nicht so, dass Baseball übermäßig kompliziert sei, aber die Grundregeln sollte man doch einmal gerafft haben, bevor man sich das anguckt. Das hilft.

Zurück zum Spiel: In der zweiten Hälfte des dritten Innings schlägt Lee Dae-Ho (Wenn der auf’s Feld kommt, wird der Beginn von Harry Belafontes Banana Song gespielt: Daaaaae-yo – Das finde ich witzig^^) einen Homerun. Ekstase, erster Teil! Die Ränge flippen vollkommen aus, alle springen (!) von ihren Sitzen auf, wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Bierdusche für… Ach ne, Falsch. Sorry.
Also. Ekstase: Alle springen von ihren sitzen auf, rufen vor Freude, wildfremde Menschen geben sich High-Five und schlagen ihre Lärm-Röhren aneinander. Fukuoka liegt jetzt 3:0 vorne. Alle setzen sich wieder, es geht schließlich weiter. Ich freu mich natürlich auch mit, ein Homerun ist einfach zu erkennen und alle freuen sich sehr, inklusive mir.
Chiba macht im vierten Inning einen Punkt zur Ehrenrettung, die Chibafans, die in den beiden Blöcken neben unserem streng getrennt vom Rest der Welt sitzen, haben am Anfang ziemlich Alarm gemacht und ihre einzelnen Spieler ausgerufen etc. Alles sehr beeindruckend. Ab dem sechsten Inning werden sie allerdings ruhiger.

Da Chiba als Gast immer zuerst versuchen darf, Punkte zu machen, muss nur die erste Hälfte des neunten und letzten Innings gespielt werden. In dem Moment, als der Werfer von Fukuoka den entscheidenden Ball spielt und Chiba raus ist, ist klar, dass die Hawks gewonnen haben.
Der Ekstase 2. Teil.
Sieht ziemlich ähnlich zum ersten aus. Unten auf dem Feld sind die Spieler etwas ausgelassener, denn die laufen auf’s Feld und bejubeln den Werfer, der das entscheidende Out erspielt hat.

Alle freuen sich fürchterlich, aber mir kommt das Ganze immer noch sehr gesetzt vor. Ich habe das Gefühl, dass die Fans völlig aus sich rausgehen, aber mit dem Jubel, den ich von Hause kenne, hat das wenig zu tun. Nach kurzer Freude setzen sich alle wieder hin und warten auf die Siegerehrung. Still. Es gibt einen Blockabschnitt, in dem die Stimmungsmacher von Fukuoka sitzen, da ist etwas mehr los. Bei uns eher gelöste Zufriedenheit.
Bei der Siegerehrung wird eine gerahmte Fahne übergeben, auf der das Datum und der Titel eingestickt ist. Die Spiele bekommen das Ding jetzt aber nicht in die Hand, um es in den Himmel zu recken oder so, sondern zwei freundliche Damen aus den Reihen der Cheerleader tragen das Ganze vor den Spielern einmal durchs Stadion. Die komplette Symbolik ist anders als ich es kenne.

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Nach weiteren 30 Minuten ist alles vorbei. Wir verlassen das Stadion (Draußen: Keine Gesänge). Ich fühle mich fröhlich, aber nicht ekstatisch. Das Gefühl, dass der Gewinn eines Meistertitels im Fußball bei mir hinterlässt ist signifikant anders. Als wir zurück zum Auto laufen, habe ich den Eindruck, soeben eine wichtige Erfahrung bzgl. des Unterschiedes zwischen deutscher und japanischer Kultur gemacht zu haben. Die Zügellosigkeit, die ich von zu Hause kenne, scheint hier undenkbar. Die Freude ist da, aber sie ist nicht so ungehemmt, sondern ruhiger, geordneter – erinnert mehr an Zufriedenheit als an Ektase. Autokorso stehen außer Frage. Das Picknick ist vorbei, Fukuoka ist Meister.
Wir fahren nach Hause.
Und damit zurück ins Studio nach Hamburg.

Feuer! Katastrophe!

Liebe Kathrin,

Ich habe einen ersten Blick auf japanische BOS erhascht^^ Auf dem Weg zum Baseball kamen wir an einer Feuerwache vorbei:

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Mehr als das Foto hab ich noch nicht, aber natürlich hab ich direkt erklärt, dass die Feuerwehr bei uns nicht nur gegen Feuer, sondern auch bei Überschwemmungen, Sturm und ähnlichem ausrückt. Zwei Tage später habe ich dann bei einer Abendveranstaltung auch Powermoons gesehen. Mal schauen, ob ich mehr rausfinden kann zu der Struktur hier in Zukunft.

Konditorei あおば Est. 2000

Lieber Peter,

Erinnerst du dich an die „Konditorei“ direkt hier bei meiner Gastfamilie um die Ecke, die ich am Anfang mal kurz erwähnt habe? Natürlich war ich mittlerweile mal drin und habe was gekauft. Dabei musste ich an unseren Besuch beim Schweizer letztes Jahr denken. Das Törtchen, das ich ausgewählt habe, war nämlich aus Maronen, mit einer Füllung innen, die ich leider nicht identifizieren konnte. War aber lecker. Ich habe schon viele Süßigkeiten hier mit Maronengeschmack gesehen. Gerade bei Cremetörtchen scheint das ziemlich beliebt zu sein. Damit du einen Eindruck vom Angebot eines japanischen Bäckerladens bekommst, hier auch zwei Fotos:

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Man sieht, dass es mit Brot hier nicht weit her ist. In der Regel bekommt man in Bäckereien hier vor allem Torten und Törtchen. Torten sind dabei standardmäßig kleiner als in Deutschland. Ich würde schätzen, dass 16cm bis 20cm durchmesser der Standard sind. Der Großteil wird aber eh als einzelnen Teilchen verkauft. Alles was süß und hübsch ist, geht. Jedes kleine Törtchen ist hübsch anzusehen, ob alle auch so gut schmecken, werde ich dann mal ausprobieren.

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Die süßen Brötchen und die Plätzchen auf der Fensterbank, die leider nirgends zu sehen sind, sind das am wenigsten verzierte Backwerk. Die Kekse waren auch sehr lecker, mit ca. 3€ pro Tütchen (ca. 8 Kekse) dann aber doch SEHR teuer.

Soviel also zum Backwarenangebot um die Ecke. Das Thema bleibt natürlich auf meiner Liste :]

うるさい。。。

Liebe Anne,

Vor einigen Tagen ist mir aufgefallen, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du dich hier in Japan ziemlich wohl fühlen könntest. Ich kenne deine Reisvorlieben zwar nicht so genau, aber es gibt vier Dinge, die ich bisher in Japan bemerkt habe, die dir eine Reise hier ziemlich leicht machen dürften:
1. Markierungen auf dem Boden.
Als ich das erste mal in Dortmund auf dem Unicampus rumgelaufen bin, habe ich mich ja immer gefragt, warum diese komischen Riffel im Boden Sinn. Nach einer Weile ist mir dann aufgegangen, dass das alles Wege zwischen Gebäuden und ähnliches sind und die Rücksprache mit Papa hat mir bestätigt: Das sind Markierungen für Blinde und Sehbehinderte Menschen. Und die gibt es hier in Fukuoka massenhaft. An jeder Hauptstraße, in den Bahnhöfen, sobald es einen Bürgersteig gibt, gibt es oft auch diese Streifen. Wie heißen die eigentlich „richtig“?
2. Die Ampeln hier sind laut!
Sehr sehr viele Ampeln in Japan sind laut! Es gibt ein deutlich hörbares Zeichen, sobald grün ist. Auf vielen Kreuzungen werden alle Ampeln gleichzeitig grün und zu diesem Zeitpunkt ist für alle Autos rot, wenn allerdings zwei verschiedene Grünphasen für Haupt- und Querrichtung existieren, dann gibt es tatsächlich auch zwei verschiedene Töne! Einer klingt ein bisschen wie Vogelzwitschern, aber auf jeden Fall sind die beiden gut zu unterscheiden. Das Signal ist auch nicht, wie ich es in Deutschland oft kenne, sehr leise oder so, sondern immer gut zu hören. Auch die sehenden Menschen verlassen sich zum Teil darauf, wie ich gemerkt habe, denn viele sind von ihren Handys abgelenkt, während sie laufen. Da diese Ampelbeschallung der für mich deutlichste Unterschied ist, stammt daher auch die Überschrift dieses Eintrags. うるさい (u-ru-sa-i) bedeutet „laut“.
3. Beschriftungen an Geländern.
An Geländern von U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen habe ich schon ein paar mal Hinweise zu Richtungen in Braille gefunden.
4. Assistenz an Bahnhöfen.
Auch in Japan scheint es den Service zu geben, dass Menschen mit Behinderung vom Bahnpersonal wenn gewünscht zum Zug gebracht werden. Ich habe das hier bereits mit Blinden und Rollstuhlfahrenden gesehen. Da der Service in Japan allgemein nur als sehr gut und zuvorkommend bezeichnet werden kann, kann ich mir auch vorstellen, dass die Abwicklung recht reibungslos klappt, wenn man sich einmal verständlich gemacht hat.
So, nach diesen Eindrücken hoffe ich, dir Japan als Reiseland empfehlen zu können :]
Eine Frage habe ich an dich aber auch noch: Wie ist das mit dem Braille?
Ich weiß, dass die Japaner ein eigenes Braillesystem haben, zumindest behauptet Wikipedia das und ich glaube ihm^^ Kannst du mit deiner Braillezeile nun die japanischen Zeichen in meinem Eintrag lesen? Also kann deine Braillezeile die verarbeiten oder ist da eine Lücke? Da ich davon ausgehe, dass du kein japanisches Braille kannst, so wie die meisten meiner Leser die japanischen Zeichen nicht lesen können, würde mich das interessieren.

Lecker!

お兄ちゃん、

Es ist Samstagvormittag und ich sitze alleine zu Hause vor dem Fernseher. Meine Gastfamilie ist in alle Himmelsrichtungen ausgeschwärmt und im Fernsehen läuft – Überraschung – eine Kochsendung. Zwei junge Typen reisen quer durch’s Land und probieren überall besondere oder regionalspezifische Speisen. Man hilft zuerst beim Anbau/Aufzucht/Zubereitung und dann wird gegessen. Soweit bisher mein Verständnis der Serie. Das ganze ist ziemlich lustig mitanzusehen (Die Sendung heißt übrigens „The Tetsuwan DASH“) und mitunter auch lehrreich. Und weil ich weiß, dass es dich BRENNEND interessieren wird, kommt hier meine kleine Übersicht darüber, wie man „Lecker!“ sagen kann. Da dort im Fernsehen zwei Kerle rumspringen, bin ich mir auch sicher, dass du all diese Wörter benutzen darfst, ohne komisch zu klingen. Im Laufe des Tages kann ich dann hoffentlich auch abklären, welche Begriffe ich benutzen darf, ohne die Japaner restlos aufgrund meiner unangemessenen Sprache zu verstören xD
Los geht’s:
おいしい! allround-Wort für „Lecker“ – das haben wir auch schon im Unterricht gelernt. Also: Standard (=langweilig)
うまい! Laut meinen Gastvater genauso wie おいしい „lecker“ – Die Typen im Fernsehen benutzen es aber öfter. Also vielleicht mehr in? Männlicher? Keine Ahnung^^
うっめ~! DAS ist dann definitiv die Steigerung – Also wenn irgendwas überraschend lecker, oder total lecker oder lecker lecker ist – Dann wird hinten aus dem あい-Laut ein え-Laut. Zwischen U und ME dann möglichst noch große Augen machen, halb vom Stuhl fallen und natürlich ansteigend lauter werden. Dann hast du’s^^
すごい! Ist ja irgendwie das Wort für alles, was toll ist. Kann halt auch auf Essen angewendet werden
すっげ~! Gleiches Prinzip wie bei うまい – aus „ai“ wird „e“
Zum Abschluss noch so eine Vorsilbe, die immer geht: メッチャ! Das funktioniert so wie unser „Mega-„. „メッチャァァァうっめぇぇ!“ ist dementsprechend so ungefähr das leckerste, was ich zur Zeit ausdrücken kann^^
Wenn du nun also das nächste Mal beim Japaner deines Vertrauens zum Essen eingeladen bist, dann kannst du deiner Bewunderung für die hoffentlich vorhandenen Kochkünste nun angemessen zum Ausdruck bringen :]